„Der Lavendel liebt es heiß und trocken“, sagt Anne Gaul. Je trockener das Wetter ist, desto mehr Öl produziert die Pflanze – zum Selbstschutz vor der Austrocknung. Und genau dieses angenehm duftende Öl ist es, was den Lavendel so attraktiv macht. Der Duft beruhigt und entspannt die Sinne. Die Blüten lassen sich destillieren und zu Duftöl verarbeiten oder einfach in kleine Stoffsäckchen verpacken und in den Kleiderschrank legen. Motten finden den Duft nämlich gar nicht gut und bleiben dann lieber fern. Außerdem sehen Lavendelfelder wunderschön aus, eignen sich als Fotomotiv und zaubern einen Hauch von Provence in die Region. Der Lavendel ist eine der Pflanzen, die vom Klimawandel profitieren. Schließlich prognostizieren die Forscher, dass in unseren Breiten mittelfristig ein Klima wie in Südfrankreich und der Toskana herrschen wird.
Das Weingut Matthias Gaul aus Grünstadt-Asselheim hat die Lavendelpflanze schon vor zehn Jahren für sich entdeckt. Mittlerweile baut die Familie die Strauchpflanze auf einer Fläche von rund 2,5 Hektar an. Die Hälfte der Ernte dieses Jahres ist schon eingefahren, die andere Hälfte folgt in den kommenden Tagen. Dazu darf es mehrere Tage am Stück nicht regnen. Denn das Schnittgut bleibt erst einmal auf dem Feld liegen, damit es gut abtrocknen kann.
Blüte an der badischen Bergstraße
- Auch in Hirschberg an der badischen Bergstraße kultiviert ein Freundeskreis den Lavendel, allerdings in etwas kleinerem Maßstab als beim Weingut Matthias Gaul
- Neben dem Spargelhof Reisig ist vor zwei Jahren ein rund 800 Quadratmeter großes Lavendelfeld entstanden – aus einer Sommerlaune heraus von sechs jungen Männern angelegt.
- 2000 Setzlinge haben sie dort gepflanzt.
- Auch dieses Feld diente schon als Fotomotiv. Ein befreundeter Fotograf habe die jungen Lavendelpflanzen für Hochzeitsfotos verwendet, berichtet Simon Reisig. Sie dienen auch als Hintergrund für Bilder im Katalog einer Bekleidungsfirma.
- Ein Sirup, angesetzt mit Lavendelblüten, werde mittlerweile an regionale Restaurants und Bars geliefert. „Der Lavendel Sprizz, den ein Barkeeper daraus kreiert hat, ist superlecker“, sagt Mitinitiator Simon Reisig.
Anne Gaul hat die Leidenschaft für den Lavendel in ihrer Kindheit entwickelt. Die gebürtige Elsässerin machte mit ihrer Familie oft Urlaub in Südfrankreich. Die Provence ist schließlich berühmt für ihre riesigen Lavendelfelder. Aber auch ihr Mann, der Grünstadter Winzer Matthias Gaul, entdeckte in seiner Jugend die Region für sich. „Es riecht nach Süden, es ist ein anderes Licht, ein strahlendes Blau, man hört die Grillen zirpen“, schwärmt Anne Gaul von der Region.
Idee bei Aperitif geboren
An einem Abend im Sommer 2013 im Luberon, einem Gebirgszug in der Provence, brachten Freunde das Ehepaar Gaul beim Apéritif auf die Idee, selbst in der Pfalz Lavendel-Felder zu kultivieren. „Mein Mann ist sehr begeisterungsfähig“, sagt Anne Gaul lächelnd. Und so legten die beiden bereits im Frühjahr 2014 das erste Feld in Asselheim an. Und bereits 2015 startete der erste Destillierversuch bei Freunden mit eigenen getrockneten Blüten.
Mittlerweile gibt es eine noch größere, rund zwei Hektar große Anbaufläche, direkt an der Straße zwischen Obrigheim-Albsheim und Grünstadt-Asselheim, die noch mehr Aufmerksamkeit erregt. In der Blüte vergeht kein Tag, an dem das Feld nicht als Kulisse für jede Menge Hobby- und Profifotografen dient. „Wir bekommen richtig viel Post,mit der sich die Menschen bedanken“, berichtet Anne Gaul. Autofahrer stoppen spontan, legen eine kleine Pause ein und beobachten die Insekten, die sich auf den Blüten tummeln. Spaziergänger genießen genauso die Auszeit am Lavendelfeld. „Es ist ein Stückchen Urlaub, was wir bieten können“.
Mittlerweile hat sich die Natur-Attraktion in der ganzen Region herumgesprochen: Die Menschen kommen eigens aus Mannheim, dem Odenwald, der hessischen Bergstraße, weiß die Familie aus Zuschriften. Ja sogar aus Wiesbaden und Karlsruhe reisen die Menschen an. Nicht schlecht für ein Stückchen der nördlichen Pfalz, das etwas abseits der bekannten Touristenpfade liegt.
Um der Natur noch ein wenig mehr Raum zu geben, ist am südlichen Rand des Feldes eine Blühwiese entstanden. Drumherum sollen demnächst noch Bäume und Sträucher gepflanzt werden. Dies alles soll den Insekten auch außerhalb der Lavendelblüte Nahrung geben. Bienenvölker eines befreundeten Imkers finden hier auch zeitweise eine Heimat. Deren Mühe ergibt übrigens den Honig, der im eigens gegründeten Shop „BlauSinn“ verkauft wird.
Jede Menge Handarbeit
Dabei ist ein Lavendelfeld nicht eben wenig Arbeit. Bei Gauls findet nämlich alles ganz klassisch in Handarbeit statt. Damit das Destillat möglichst sortenrein und ohne Beikräuter verarbeitet werden kann, muss regelmäßig gehackt und gezupft werden. „Auch die Ernte ist Handarbeit. Bündel mit den Sicheln des Großvaters“, erklärt Anne Gaul, „wir wollen Hand in Hand mit der Natur arbeiten“. So machen es auch die Betriebe in Frankreich. Und auch bei der Verpackung versucht die Familie, so nachhaltig wie möglich zu sein. Im Übrigen können sich die Produkte aus Grünstadt absolut neben der Konkurrenz aus der Provence sehen – und riechen – lassen. Das haben Bekannte und Kunden den Gauls schon mehrfach bestätigt.
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