Nummernschilder sind oft mehr als nur ein Blech mit Buchstaben und Zahlen darauf: Städte nutzen das Kürzel fürs Marketing, manche Menschen drücken darüber ihre Heimatverbundenheit aus - und andere erfreuen sich auf langen Autofahrten bei Ratespielen an ihnen. Aus diesen oder ähnlichen Gründen haben einige Kommunen ihr Interesse angemeldet, eigene Kennzeichen einzuführen. Ein aktueller Vorschlag sieht vor, dass das ab einer Größe von 20 000 Einwohnern möglich sein soll. Damit beschäftigt sich zurzeit das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV). Wird dem Vorschlag zugestimmt, würde das bedeuten, dass bundesweit 320 Städte eine eigene Kennung beantragen könnten.
Regionalisierte Kennzeichen sind nicht neu. Bereits vor etwa 15 Jahren trat die erste Liberalisierung der Kennzeichen in Kraft. Seitdem können Kennzeichen wieder beantragt werden, die es vor der Gebietsreform in den 1970er Jahren schon einmal gegeben hat. Komplett neue Kürzel sah die Regelung aber bislang nicht vor. Das würde sich mit der neuen Reform nun ändern.
Auch in der Metropolregion Rhein-Neckar wären davon einige Kommunen betroffen, etwa Schifferstadt (22 000 Einwohner) im Rhein-Pfalz-Kreis, Bensheim (43 000), Viernheim (34 000) und Lampertheim (32 000) im Kreis Bergstraße oder Hockenheim (22 000), Schwetzingen (21 500), Sinsheim (35 000), Weinheim (44 000), Wiesloch (27 000) und Leimen (27 000) im Rhein-Neckar-Kreis.
HD-Kennzeichen laut Landrat auch im Kreis identitätsstiftend
Sinsheim hätte schon im Zuge der ersten Liberalisierung vor rund 15 Jahren sein eigenes, altes Kennzeichen SNH wieder beantragen können, das bis zur Gebietsreform 1973 existierte. Davon wurde jedoch bislang nicht gebrauch gemacht. „Landrat Stefan Dallinger hat bereits im Jahr 2012 die Fraktionsvorsitzenden im Kreistag darüber unterrichtet, dass der Rhein-Neckar-Kreis davon absehen wird“, sagt eine Sprecherin des Kreises auf Anfrage.
Demnach ist Dallinger (CDU) auch wenig begeistert vom aktuellen Vorstoß auf Bundesebene: „Der Kreis ist kein Fan von dem Vorschlag - auch nicht für Städte ab 20 000 Einwohnerinnen und Einwohnern.“ Das HD-Kennzeichen habe sich nun schon seit vielen Jahren im Rhein-Neckar-Kreis sowie für die 54 kreisangehörigen Städte und Gemeinden bewährt und sei identitätsstiftend geworden. „Es wäre kontraproduktiv, nach 51 Jahren weitere Kfz-Kennzeichen wie zum Beispiel WHM einzuführen“, ist Dallinger mit Blick auf Weinheim, die größte Stadt im Kreis, überzeugt. Zudem würde für die Mitarbeitenden in der Kfz-Zulassungsbehörde des Kreises durch die Einführung weiterer Kennzeichen ein erheblicher Verwaltungsaufwand entstehen.
Marcus Zeitler (CDU), Oberbürgermeister von Hockenheim, steht dem Vorschlag ebenfalls ablehnend gegenüber: „Ich bin der Meinung, dass wir als Städte und Gemeinden aktuell weitaus größere Sorgen und Herausforderungen zu schultern und zu meistern haben, als jetzt die Priorität auf die Einführung neuer Kennzeichen zu legen“, sagt er auf Anfrage. „Ich sehe weder Vor- noch Nachteile, ich bin einfach der Meinung, dass man es nicht braucht!“ Im Hinblick auf zeitlichen Mehraufwand und Kosten „gibt es von den Problemen und Sorgen bereits mehr als genug, da müssen wir nicht noch eins drauf packen“.
Die Verwaltungschefs sehen dringlichere Probleme
Zwar äußert der Landrat des Kreises Bergstraße, Christian Engelhardt (CDU), Verständnis für das Identitätsgefühl, das die Kürzel auslösen können. Da gehe es für viele um die Verbundenheit mit der Region. „Auch ich freue mich, wenn ich in der Ferne einen Pkw mit dem Kennzeichen HP sehe, denn für mich ist der Kreis Bergstraße Heimat.“ Etwas gemäßigter formuliert, stellt aber auch er im nächsten Atemzug im Grunde dieselbe Frage wie der Hockenheimer OB Zeitler: „Angesichts der aktuellen großen Herausforderungen für den Staat muss man schon die Frage stellen, ob es im Augenblick der richtige Zeitpunkt für eine solche Diskussion ist.“ Einen höheren Verwaltungsaufwand sieht der Kreis Bergstraße durch die mögliche Reform nicht - außer „möglicherweise einmalige Kosten für eine Softwareanpassung“, wie eine Pressesprecherin ausführt.
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Die Bensheimer Bürgermeisterin Christine Klein (SPD) begrüßt die Initiative für lokalere Kennzeichen. Gleichzeitig betont auch sie „dass es wesentlich dringlichere Probleme und Herausforderungen gibt, die unsere Aufmerksamkeit erfordern“. Dennoch überwiegen für Klein eindeutig die Vorteile, da „die Einführung weder mit unüberwindbaren bürokratischen Hürden noch mit Kosten oder einem Mehraufwand verbunden ist“. Es gehe um ein Gefühl der Identifikation und Verbundenheit mit der Heimat und der Stadt Bensheim. Zugleich sei es ein Marketinginstrument. Welchen Argumenten das Verkehrsministerium letztlich in dieser Debatte folgen wird, bleibt abzuwarten.
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