Hockenheim. Veranstaltungen auf dem Hockenheimring sind in der Regel begleitet von benzingeschwängerter Luft und meist ohrenbetäubendem Lärm, der bis in die Stadt hinüberschallt. Oberbürgermeister Marcus Zeitler begrüßt Gäste in der Rennstadt gerne augenzwinkernd mit den Worten: „Willkommen in Hockenheim, wo Benzin noch mit Sinn und Verstand verbrannt wird.“ Vom 17. bis 19. Oktober findet wieder eine Großveranstaltung statt, aber ohne Benzingeruch und Motorenlärm. Dann beherrschen E-Autos den Ring – zum e4Testival. Das Besondere: Jeder mit gültigem Führerschein darf selbst eine Runde auf der legendären Rennstrecke drehen. Im antriebsstarken E-Auto.
Ausgerechnet der Hockenheimring also als Schauplatz der mobilen Transformation? Für den baden-württembergischen Verkehrsminister ist das kein Widerspruch. Winfried Hermann ist Schirmherr des Startup-Awards, der während des Events an kreative Ideenschmieden in Sachen E-Mobilität verliehen wird. Die Rennstrecke sei eben offen für Verbrenner und genauso neue Technologien.
Testfahrt auf dem Hockenheimring sorgt für gute Laune
Seit 2018 bietet Alexander Nieland mit seinem Beratungsunternehmen e4qualification mit Sitz am Hockenheimring den Menschen Möglichkeit, E-Autos selbst am Steuer auszuprobieren. Viele Marken und Hersteller an einem Ort, ohne Verkaufsgespräche und das auch noch auf einer Formel-1-Rennstrecke. „Das ist schon unser Alleinstellungsmerkmal. Die meisten Menschen steigen dann nach der Runde auch mit einem breiten Lächeln aus den Autos aus“, weiß Nieland.
e4Testival
- Die Messe rund um E-Mobilität findet vom 17. bis 19. Oktober auf dem Hockenheimring statt.
- Der Freitag ist dem Fachpublikum vorbehalten, also für Gewerbe- und Handwerksbetriebe, Mobilitätsentscheider. Ein Themenschwerpunkt an diesem Tag sind E-Lkw.
- Publikumstage sind am Samstag und Sonntag. Jeder Besucher im Besitz eines gültigen Führerscheins kann viele verschiedene E-Autos selbst testen und eine Runde auf dem Ring drehen. Der Eintritt kostet pro Tag 24, ermäßigt 18 Euro. Tickets gibt es ausschließlich online unter e4testival.com.
- Dazu gibt es reichhaltige Informationen rund um das Thema Elektromobilität.
- Im Rahmen des e4Testivals findet auch die ADAC eCompetition statt, ein 17-stündiges Rennen. Die 34 Startplätze sind längst ausgebucht. Welches Auto die meisten Runden schafft, gewinnt. Dabei kommt es nicht auf Tempo, sondern auf wirtschaftliche Fahrweise und kluges Lademanagement an. Start ist am Samstag um 16.30 Uhr. Ab dann ist auch die Rennstrecke für Testfahrten gesperrt. bjz
Und tatsächlich spricht das Angebot nicht nur die Community an, die ohnehin schon von der Technologie überzeugt ist. „Unsere Kommunikationsstrategie zielt auch auf die Zweifler ab, auf diejenigen, die noch nicht überzeugt sind, aber sich damit beschäftigen wollen – oder müssen“.
Schließlich steigen immer mehr Unternehmen auch in ihren Dienstwagen-Fuhrparks auf elektrische Antriebe um. Das schafft Bonuspunkte im Nachhaltigkeitsbericht, zu dem Firmen neuerdings verpflichtet sind. Viele Beschäftigte wissen, dass ihr nächstes Fahrzeug ein E-Auto ist. Da sei das e4Testival die ideale Gelegenheit, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen, sagt Nieland.
Eine Plattform für unabhängige Information zu E-Mobilität
„Unsere Mission ist, eine Plattform zu bieten, auf der sich Menschen unabhängig informieren können. Hier steht niemand mit erhobenem Zeigefinger da“, erläutert der Cheforganisator. Aber jeder Besucher könne die Technologie und auch die Emotion selbst erleben und Erfahrungen einsammeln. Es kursierten immer wieder Ängste, dass E-Mobilität zwangsläufig Verzicht auf Komfort bedeute. Am Samstag, 18. Oktober, berichten beispielsweise Menschen, die mit ihren E-Autos in Portugal und Südafrika unterwegs waren. „Wir wollen Vorurteile aufbrechen, dass Reisen ins EU-Ausland mit dem E-Auto nicht möglich seien“, ergänzt Ursula Kloé, die das Vortrags- und Informations-Programm des Wochenendes organisiert. Am Samstag berichtet Sylvia Salamon von der Rive Maroc, einer Rallye mit E-Autos durch Marokko.
Auch andere Formate finden auf der Bühne des e4Testivals im Fahrerlager des Hockenheimrings statt. Da geht es unter anderem um die Finanzierung des auf den ersten Blick vermeintlich teureren E-Autos im Vergleich zum Verbrenner. Auch wenn sich manche Modelle langsam dem Preisniveau des vergleichbaren Verbrenners annähern, sind E-Autos in der Regel im Anschaffungspreis teurer. Aber weniger Werkstattaufenthalte, vergleichsweise geringer Verschleiß und günstigeres Laden lassen den Unterschied meist schnell dahinschmelzen.
Außerdem stellt die Mannheimer SPD-Bundestagsabgeordnete und verkehrspolitische Sprecherin ihrer Fraktion, Isabel Cademartori, die SPD-Pläne des Social Leasings für E-Autos vor. Die Genossen wollen einkommensschwachen Haushalten vergünstigtes Leasing bei der Anschaffung von E-Autos ermöglichen, gefördert unter anderem vom Europäischen Klimasozialfonds.
Um die Teilnahme deutscher Fabrikate wird noch verhandelt
Es gibt einmal mehr ein umfangreiches Informationsprogramm zu Lademöglichkeiten, E-Camping und grundsätzlichen Fragen dazu, welches E-Auto zu welchem Fahrertyp passt. Im Mittelpunkt stehen jedoch einmal mehr die Probefahrten. Insgesamt schätzen Nieland und Kloé, dass wieder 60 Fahrzeuge unterschiedlichen Typs am Start sein werden. Erstmals dabei ist die chinesische Marke BYD, der größte E-Auto-Hersteller der Welt, der die Veranstaltung nutzen will, um sich hier neue Märkte zu erschließen.
Ebenfalls dabei sind Porsche, KIA, Hyundai, Tesla, Ford, Mitsubishi, Mazda und die chinesische Marke Xpeng. Mit den deutschen Anbietern laufen noch Verhandlungen über eine Teilnahme. BMW, eigentlich seit 2018 mit dabei, hat zurückgezogen. Das Management hat angesichts der massiven wirtschaftlichen Probleme des Konzerns das Budget für viele Aktivitäten gestrichen, auch für das e4Testival. Dabei müssten die deutschen Hersteller innovativ sein, um gegen die Konkurrenz aus Asien anzugehen, so Nieland.
Nachdem im vergangenen Jahr auch ein Omnibus auf der Rennstrecke mit Tempo 70 unterwegs war, können Besucher diesmal einen E-Lkw testen. „Sicher eine spannende Erfahrung“, macht Ursula Kloé Appetit.
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