Mannheim/Heidelberg. Die Mannheimer Universität hatte gemeinsam mit der Landeszentrale für politische Bildung zur Wahlnacht in die Alte Feuerwache eingeladen. Eine Wahlparty gab es auch im Deutsch-Amerikanischen Institut (DAI) in Heidelberg. Wir haben uns auf den Veranstaltungen in der Nacht zum Mittwoch umgeschaut:
Am Dienstagabend regierte in der Alten Feuerwache Mannheim noch die Zuversicht: „Dass das rote Mikrofon nicht funktioniert, ist doch klar, oder?“, scherzt Thomas Wortmann auf einen technischen Defekt hin. Rot ist die Farbe der Republikaner und ihres Kandidaten Donald Trump. Dafür kassiert er vom Publikum lautes, aber auch erschrockenes Lachen ob seiner Ehrlichkeit.
US-Wahl: In Mannheim stehen die meisten hinter Demokraten
Der Dekan der philosophischen Fakultät der Mannheimer Universität spricht damit etwas aus, das kein Geheimnis ist: Dass die überwältigende Mehrheit in der Alten Feuerwache auf einen Wahlsieg der Demokratin Kamala Harris hofft. Dorthin hat die Universität gemeinsam mit der Landeszentrale für politische Bildung eingeladen, um die Wahl in den USA zu verfolgen. Eines betont Thomas Wortmann bei seinem Grußwort besonders: Dass er ganz in blau gekleidet ist.
Rot dagegen die Farbe des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump, der aktuellsten Prognosen zufolge am heutigen Morgen auf seinen Wahlsieg in den USA zusteuert. Dass das abzuwenden ist, davon zeigten sich am Dienstagabend noch viele überzeugt. Auf Stühlen, im Stehen oder im Schneidersitz verfolgen die Anwesenden in der Alten Feuerwache das Veranstaltungsprogramm: Denn das Interesse an der Wahl in den USA ist auch in Mannheim sehr groß.
US-Wahl: Banger Blick auf die Straßen Amerikas
Erste Wahlergebnisse gab es am Dienstagabend deutscher Zeit noch längst nicht zu verfolgen – diskutiert wird die US-Wahl in der Alten Feuerwache daher aus wissenschaftlicher Sicht. Vier Forscher stellen bei einem Science Slam ihre Erkenntnisse zu Black Lives Matter oder anti-feministischen Online-Foren vor, zu Amerikanern, die politisch nach rechts abdriften.
Richard Rohrmoser (Universität Mannheim) forscht zu zivilem Ungehorsam – seiner Beschreibung nach „ein bewusster und symbolischer Rechtsbruch, um auf eine politische Unrechtssituation aufmerksam zu machen“. Unter dieses Muster fällt für ihn auch der Sturm auf das Kapitol nach der US-Wahl vor vier Jahren, bei der Donald Trump gegen Joe Biden unterlag. Für Rohrmoser wird der Fokus in den nächsten Wochen darauf liegen, welche Reaktionen das Ergebnis der US-Wahl auf Amerikas Straßen hervorruft.
US-Wahl: Hatte Kamala Harris die richtige Botschaft
Einen genaueren Blick auf TV-Debatten wirft Isabel Kalous (FAU Erlangen). In der Podiumsdiskussion am Dienstagabend schildert sie, dass die Tradition dieser Debatten bis ins Jahr 1858 zurückreicht – damals nicht im Fernsehen, sondern wechselnd auf verschiedenen Universitätsbühnen im Land. Für Kalous steht die Frage im Raum, wie viel Wahrheit am „Mythos des wahlentscheinden Fernsehduells“ steckt. Eine enorme Relevanz der TV-Debatten im Wahlkampf stellt sie aber in jedem Fall fest, „weil man dabei relativ ungefiltert die Reaktionen der Kandidatinnen und Kandidaten sieht“.
Henk de Berg, Kulturwissenschaftler an der University of Sheffield, trägt Schilderungen vor, die für Moderator Philipp Gassert wie eine „Post-factum-Analyse“ klingen, warum es für Kamala Harris nicht gereicht haben könnte.
De Berg moniert, dass Harris in den letzten Wochen ihres Wahlkampf sich zu sehr darauf konzentriert hat, zu skizzieren, warum es mit Trump für die USA nicht vernünftig weitergehe. „Meine große Sorge, die ich habe, ist, dass Kamala Harris keine richtige positive Message hat“, so de Berg, der bei Trump wiederum beobachtet, dass dessen Äußerungen immer extremer werden. „Trump will immer übertreiben, um Aufmerksamkeit zu erregen und davon abzulenken, dass er eigentlich keine richtigen Pläne hat“, steht für den Kulturwissenschaftler fest.
Im Deutsch-Amerikanischen Institut (DAI) in Heidelberg kamen rund 2000 Menschen im Verlauf der Wahlnacht, um der Übertragung der amerikanischen Präsidentschaftswahlen zu folgen – und selbst ihre Stimme abzugeben.
250 Schülerinnen und Schüler haben sich angemeldet. Etliche amerikanische Staatsbürger sind unter den Besuchern. Sie alle interessiert: Wer macht das Rennen – Kamala Harris oder Donald Trump?
US-Wahl: In Heidelberg würde Kamala Harris führen
Wenn es nach den Besuchern der Wahlnacht in Heidelberg ging, würde die demokratische Kandidatin ins Kapitol einziehen: 267 von 292 Stimmen, die probehalber abgegeben wurden, fielen auf Kamala Harris. Doch auf dem Bildschirm, auf dem die aktuelle CNN-Wahlsendung übertragen wird, gewinnt Donald Trump einen immer größeren Vorsprung. Kentucky, Indiana, West-Virginia – ein Bundesstaat nach dem anderen fällt an den Republikaner.
Scott Mitchell Davis bleibt dennoch gelassen. „Das war zu erwarten“, sagt der 41-Jährige, der als Sprachlehrer am DAI unterrichtet. Eine Vorentscheidung will er in den ersten deutlichen Ergebnissen noch nicht sehen, auch wenn das Zwischenergebnis am frühen Morgen für die demokratische Kandidatin nicht gerade vielversprechend aussieht.
Davis hofft, dass Harris am Ende als Siegerin feststehen wird. Er traut dem Republikaner nicht; dieser agiere zu sehr aus dem Bauch heraus. Die Wahl habe auch in seiner eigenen Familie in Amerika tiefe Gräben gezogen. Die Mutter wähle Trump, der Vater Harris.
US-Wahl: Auch Trump-Anhänger in Heidelberg
Wenn im Kulturhaus auch die Trump-Gegner in der Mehrheit zu sein scheinen, so geben sich doch einige Besucher dieser Wahlnacht sehr selbstbewusst als Anhänger des republikanischen Kandidaten zu erkennen. Teofil Drugarin zum Beispiel, der sich mit zwei Freunden die rote Kappe mit der Aufschrift „Make America great again“ aufgesetzt hat und auf diese Weise signalisiert: Ich stehe für meine Überzeugung ein.
Die drei jungen Kappenträger werden von jungen Schülerinnen belagert, die sie mit Gegenargumenten überzeugen wollen. Doch der 16-jährige Teofil, der aus Rumänien stammt und in Weinheim an der Bergstraße lebt, lässt sich nicht aus der Fassung bringen. Schließlich nehme sein großes Vorbild, Donald Trump, auch kein Blatt vor den Mund.
US-Wahl: Versöhnliche Debatten in Heidelberg
Und so prallen im DAI politische Welten aufeinander, ohne dass es knallt. Dies belegt auch eine Podiumsdiskussion mit zwei Amerikanerinnen, die für den jeweils anderen der beiden Präsidentschaftskandidaten votiert haben. Während Nancy Schimkat, die seit 27 Jahren in Deutschland lebt, demokratisch gewählt hat, bekennt sich Agbe Rabe, die seit 30 Jahren ebenfalls in Deutschland zu Hause ist, zu Trumps Republikanern.
Beide legen dar, warum sie ihren jeweiligen Kandidaten für den geeigneteren halten; es sind die bekannten Gründe, doch als Agbe Rabe den robusten Sprachgebrauch Trumps gegenüber Migranten verteidigt, wird es unruhig im Saal. Die Unruhe steigert sich, als sie dazu auffordert, Russland nicht zu dämonisieren und Trumps Zurückhaltung in den transatlantischen Beziehungen mit dem Satz unterstreicht: „Wir müssen unser eigenes Haus aufräumen.“ Nancy Schimkat verweist hingegen auf Männerbündnisse Trumps mit Autokraten und Diktatoren, doch am Ende geben sich beide Frauen versöhnlich die Hand.
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