Der Busunfall, der sich am vergangenen Freitagabend auf der A5 bei Hirschberg ereignet hat, wirft einige brisante Fragen auf, die bisher von der Deutschen Bahn (DB) nicht beantwortet werden. Stattdessen zieht sich die Kommunikationsabteilung des Unternehmens hinter die Floskel „laufende Ermittlungen der Polizei“ zurück. Der Bus, der Teil des Schienersatzverkehrs der Main-Neckar-Bahn zwischen Heidelberg, Darmstadt und Frankfurt war, war entgegen der Fahrtrichtung unterwegs.
Der 47-jährige Busfahrer, der laut Mannheimer Polizei türkischer Herkunft sein soll, war in einem Kreisel bei Ladenburg falsch abgebogen und dadurch zum Geisterfahrer geworden. Es kam zur Kollision mit einem Fahrzeug, in dem zwei Menschen saßen. Der Gesundheitszustand der 59-jährigen Beifahrerin in einem Audi soll sich laut Mitteilung der Ermittler nun verschlechtert haben. Lebensgefahr sei nicht ausgeschlossen, heißt es.
Mit der Verschlechterung des Zustands der Frau nehmen auch die Fragen an DB zu. Bekannt ist, dass es eine große Herausforderung darstellte, für die Riedbahnsperrung rund 400 Busfahrer in verschiedenen Ländern anzuwerben - in Rumänien, Kroatien und Spanien unter anderem. Die Bahn selbst stellt fest: „In der Busbranche herrscht Fachkräftemangel“. Es sei dennoch gelungen, zusätzliche Fahrer und Fahrerinnen im In- und Ausland zu gewinnen.
Weitere Zeugen des Unfalls auf der A5 bei Hirschberg gesucht
Der jetzige Unfall auf der A5 und die Nichtbeantwortung von journalistischen Fragen zur Berufserfahrung des Busfahrers ließ nun seit einer Woche den Schluss zu, dass die Bahn über Qualität, Art und Weise der Auswahl von Fahrern und deren Sprachkenntnisse nicht gerne Auskunft gibt. Warum eigentlich? Man verwies stattdessen auf die Polizei, die mit solchen Fragen aber wirklich gar nichts am Hut hat. Dort sei nur relevant, ob jemand den richtigen Schein hat, sagte ein Sprecher der Mannheimer Polizei bereits zu Wochenbeginn auf Anfrage.
Die Bahn schrieb in gewohnt zugeknöpfter Manier nur: „Wir wünschen den Verletzten eine baldige und vollständige Genesung. Wir unterstützen die Ermittlungen mit allen Kräften.“ Nichts jedoch zu der von Journalisten zu überprüfenden Vermutung, dass man bei der Auswahl der Fahrer im Ausland vielleicht nicht so zimperlich ist und über gewisse fehlende Kompetenzen hinwegsieht.
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Haben Streckenschulungen stattgefunden? Kann ein Busfahrer, der erst wenige Wochen da ist, im Zweifelsfall das Wort Umleitung auf einem Straßenschild einordnen und sich richtig verhalten? Dass man als Fahrer eines Gelenkbusses auf einer Autobahn ein gefährliches Wendemanöver einleitet, verwundert eher und weist nicht darauf hin, dass da jemand kühlen Kopf bewahrt hätte. Nachrichten über Buslenker, die versehentlich zu Geisterfahrern werden, gibt es auch eher selten. Sind kritische Fragen da nicht berechtigt? Schließlich haben sich nicht nur der Mann und die genannte Frau schwer verletzt, sondern auch noch drei weitere Insassen des Busses.
Das Polizeipräsidium Mannheim sucht unterdessen nach weiteren Zeugen des Unfalls vom vergangenen Freitag. Nach dem Unfall habe ein männlicher, unbekannter Autofahrer am Seitenstreifen gehalten, um Erste Hilfe zu leisten. Der sei aber dann weggefahren. Daher sucht die Polizei nun nach dem Fahrzeugführer mit Schweizer Kennzeichen. Für den Busfahrer steht ein Fahrverbot im Raum und eine Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung. Sein Arbeitgeber schwieg dazu auch am sechsten Tag nach dem Geschehen.
Zeugenhinweise unter der Nummer 0621/47093-0
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