Schriesheim. Die sprichwörtliche Bombe platzt gestern um 12.52 Uhr: Das Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises gibt bekannt, dass die Freigabe des Tags zuvor eingeweihten Branich-Tunnels Schriesheim "bis auf Weiteres" verschoben werden muss. "Wegen technischer Probleme", wie die Pressestelle mitteilt. In Schriesheim und in der Region sorgt diese Mitteilung für Enttäuschung.
Noch am Samstag jedoch wird die offizielle Einweihung groß gefeiert. Bei strahlendem Sonnenschein machen sich bereits Stunden vor Beginn der Festivität lange Schlangen von Menschen auf den Weg.
Da aus Sicherheitsgründen die Zahl der Teilnehmer für die Einweihungsfeier direkt vor dem Eingang auf 1000 beschränkt ist, bilden sich an den Hängen der Zufahrtsstraße und auf der Fußgängerbrücke direkt gegenüber dem Tunneleingang große Menschentrauben, die das Geschehen außerdem von einer Videoleinwand aus verfolgen können.
"Ihr Andrang heute zeigt, wie wichtig dieser Tunnel für Schriesheim ist", erklärt Regierungspräsidentin Nicolette Kressl in ihrer Begrüßung. "Wo ich hinschaue, viele Menschen, die lauschen, was hier geschieht", staunt auch Landesverkehrsminister Winfried Hermann. Doch das sei, wie der Grünen-Politiker in seiner Rede deutlich macht, dem Anlass nur angemessen, ist der Branich-Tunnel mit Kosten von 92 Millionen Euro aktuell doch das größte Straßenbauprojekt des Landes. "Aber es war auch nötig", bekennt er unter Hinweis auf die 12 000 Fahrzeuge, die bislang den Schriesheimer Ortskern täglich passieren.
Hermann: "Es ging nicht anders"
Hauptziel der Verkehrspolitik der Landesregierung sei es zwar, Straßen zu erhalten und zu sanieren und nur in Ausnahmefällen neu zu bauen: "In diesem Falle ging es aber nicht anders." Die neue Umgehung werde für die Schriesheimer Bevölkerung zu einem Mehr an Lebensqualität führen: "Sie werden den Fußverkehr neu entdecken, und Sie werden die Chance haben, das Fahrrad ohne Lebensgefahr zu benutzen", ruft er den Menschen zu.
"Für Schriesheim ist dies ein großer und bedeutender Tag", betont auch Schriesheims grüner Bürgermeister Hansjörg Höfer: "Es ist das größte Bauvorhaben in der Geschichte dieser Stadt und ein Meilenstein der Stadtentwicklung." Dieser Tag berge das Potenzial, aber auch die Aufgabe, die Lebensqualität in der Stadt zu verbessern.
Damit spielt das Stadtoberhaupt auf weit verbreitete Sorgen und vereinzelte Ängste vor einer Verödung des Ortskerns an: "Wir werden alles tun, damit die Altstadt ihre Attraktivität behält", versichert er.
Danach dürfen die Bürger den Tunnel besichtigen. Mitarbeiter des Straßenbauamtes Heidelberg stehen an Info-Ständen zu Fragen der Technik-Fans bereit. Hunderte von Menschen nutzen die Chance, im Tunnel zu Fuß unterwegs zu sein.
Den ganzen Nachmittag erstreckt sich ein Strom von Interessierten hierher. Am Abend verlagert sich das Geschehen auf den Festplatz in der Innenstadt; hier steigt die Tunnelparty mit der Mannheimer Kultband "Just for Fun".
Branich-Tunnel Schriesheim
- Zeitplan: Baubeginn: 2008; offizielle Einweihung: 18. Juni 2016, Freigabe für den Verkehr: steht nicht fest.
- Ziel des Projektes: Entlastung des Ortskerns von Schriesheim vom Durchgangsverkehr und Entschärfung eines Nadelöhrs zwischen Odenwald und Rheinebene.
- Kosten: 92 Millionen Euro.
- Länge: 1,8 Kilometer. (tin)
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