Tod eines 13-Jährigen - Mutmaßlicher Täter bestreitet Vorwürfe / Behörde des Landratsamtes seit Jahren mit Familie in Kontakt

Dallinger sieht bisher keine Versäumnisse im Jugendamt

Von 
Stephan Alfter
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Sinsheim/Heidelberg. Der unter Mordverdacht stehende 14-jährige Jugendliche, dem die Tötung eines 13-Jährigen im Sinsheimer Ortsteil Eschelbach vorgeworfen wird, bestreitet, die Tat begangen zu haben. Das hat die Heidelberger Staatsanwaltschaft am Freitagmittag auf Anfrage dieser Redaktion mitgeteilt. Im Rahmen der Haftbefehlseröffnung habe der nun in einer Justizvollzugsanstalt für Jugendliche untergebrachte 14-Jährige eine Aussage gemacht, über die bisher keine weiteren Details bekannt sind. Zur Todesursache des Opfers teilten die Ermittler nach der Obduktion am Freitag mit, dass von einem „Verbluten nach innen“ auszugehen sei. Verlässliche Angaben könne man aber erst mit der Vorlage des schriftlichen Untersuchungsberichtes machen.

Bereits am Donnerstag hat im Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises das Zusammentragen von Informationen begonnen, die ein Gesamtbild des mutmaßlichen Täters über die vergangenen Jahre ermöglichen könnten. Landrat Stefan Dallinger (Bild) sagte am Freitag, dass er mit Blick auch auf die Persönlichkeitsrechte des 14-Jährigen sehr vorsichtig mit Details sein müsse. Ausgeführt hat der Landrat jedenfalls, dass man als Behörde seit einigen Jahren mit der Familie in Kontakt sei. Im Rahmen einer Familienhilfe habe man die Witwe, die noch weitere Kinder hat, unterstützt – bis November hätten diese Leistungen, die durch einen externen Auftragnehmer erbracht worden seien, acht Stunden pro Woche betragen. Dann kam der 23. November.

Für drei Wochen in der Psychiatrie

An jenem Tag stach der nun unter Verdacht stehende Jugendliche schon einmal zu – und verletzte dabei einen Mitschüler mit mehreren Stichen derart schwer, dass dieser notoperiert werden musste. Am 25. November sei der damals 13-Jährige daraufhin aufgrund seiner Strafunmündigkeit in der Mannheimer Kinder- und Jugendpsychiatrie untergebracht worden. Der Aufenthalt dort dauerte etwa drei Wochen. Schon am 16. Dezember wurde der heute Mordverdächtige nach Darstellung Dallingers wieder entlassen. Wie die Prognose der behandelnden Ärzte damals war, bleibt aus datenschutzrechtlichen Gründen geheim. Jedenfalls habe das Kreisjugendamt diesen Prozess begleitet. Ein zweites Anti-Aggressionstraining sei vereinbart und ein neuer Hilfeplan erarbeitet worden. Dieser sah vor, der Familie eine weitere Kraft zuzuteilen. Das Stundenkontingent für die Hilfen sei gleichzeitig von zunächst acht auf 16 Wochenstunden erweitert worden.

Ob das bedeutet hat, dass der nunmehr 14-Jährige jeden Tag mit den Sozialarbeitern in Kontakt war, vermag Dallinger nicht zu sagen. Zu wem der mutmaßliche Täter Kontakt pflegte, bleibt bisher unklar. Auch wie sich die Eifersuchtsgeschichte entwickelt hat, die für die Polizei ein Hauptmotiv der Tat ist, kristallisiert sich noch nicht heraus.

Familiengericht war außen vor

Reaktionen aus dem Ort hatten am Donnerstag unter anderem so ausgesehen, dass Menschen danach fragten, warum ein bereits polizeibekannter Jugendlicher mit entsprechender Vergangenheit überhaupt frei herumlaufen dürfe. Juristisch gilt ein 13-Jähriger aber als strafunmündig. Landrat Dallinger sieht bisher keine Versäumnisse in seinem Jugendamt. Das Familiengericht wurde nach dem Vorfall wegen einer eventuellen Kindeswohlgefährdung aber vom Jugendamt nicht eingeschaltet.

Nach Angaben des dafür zuständigen Landgerichts Heidelberg wird das Familiengericht mit Fällen von Gefahr für das Kindeswohl befasst. In diesem Fall seien aber wahrscheinlich aus Sicht des Jugendamtes weder Sorgerechtsentzug für die Mutter noch Zwangsunterbringung des Jungen nötig gewesen, sagte der Gerichtssprecher. Für solche schwerwiegenden Schritte ist eine richterliche Genehmigung erforderlich. Das Familiengericht sei etwa eine Woche nach Erhalt der Akte der Staatsanwaltschaft Mitte Januar auf das Jugendamt zugegangen, um sich über die ergriffenen Maßnahmen nach der Tat vom November zu informieren. In der Akte ist laut Staatsanwaltschaft von „versuchter Tötung“ die Rede. Wenige Tage vor der Tat sei eine weitere routinemäßige Anfrage an das Jugendamt ergangen. Das Schreiben habe die Behörde aber wahrscheinlich nicht mehr vor der Tat erreicht. (Bild: M. Ruffler)

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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