Justiz

Cold Case Jutta Hoffmann: Wie belastend ist die DNA-Spur?

Warum schleuste das LKA verdeckte Ermittler ein und lancierte Hinweise zum mutmaßlichen Täter im TV? Im Prozess um den Cold Case Jutta Hoffmann hat die Öffentlichkeit mehr über die Strategie der Ermittler erfahren

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Agnes Polewka
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Der 62 Jahre alte Angeklagte mit seinen Verteidigern Ralf Hannig (l.) und Andreas Sanders (r.) am ersten Prozesstag. © dpa/Helmut Fricke

Darmstadt. „Man hatte doch die DNA-Spur, warum also dieser ganze Aufwand?“, fragt Rechtsanwalt Andreas Sanders am Donnerstag. Ihm schräg gegenüber sitzt Tanja Becker im Zeugenstand. Sie führte die Ermittlungen im Cold Case Jutta Hoffmann führte. Es ist der achte Prozesstag im Verfahren um den Mord an der 15-jährigen Schülerin aus Lindenfels (Kreis Bergstraße).

Die Jugendliche verschwand am 29. Juni 1986 in einem Waldstück in ihrem Heimatort, auf dem Nachhauseweg von einem Schwimmbadbesuch. Ermittler haben später rekonstruiert, dass jemand sie tiefer in den Wald hineingezogen haben muss, Jutta Hoffmann vergewaltigte und ermordete.

Cold Case Jutta Hoffmann bei „Aktenzeichen XY. . .ungelöst“ 

Nach über drei Jahrzehnten untersuchten Ermittler des LKA alte Beweismittel auf DNA-Spuren - und landeten einen Treffer, der sie zu Peter F. führte. Der mehrfach vorbestrafte Sexualstraftäter befand sich damals - im Jahr 2020 - im Maßregelvollzug in einem psychiatrischen Krankenhaus in Norddeutschland. Und die LKA-Mitarbeiter entschieden sich dazu, zunächst einen, später noch einen zweiten verdeckten Ermittler im Umfeld des 62-Jährigen einzuschleusen: „Mirko“, der ehrenamtlich im Tierheim aushalf, in dem Peter F. gelegentlich einen Hund ausführte - und der monatelang versuchte, das Vertrauen des 62-Jährigen zu gewinnen. Mit Erfolg.

Im März 2023 begleitete F. seinen Freund in dessen Strandhaus, wo „Mirko“ F.s Lieblingsessen kochte, und dann die ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY. . .ungelöst“ abspielte -um zu beobachten, wie Peter F. reagierte. Denn in der Sendung war Tanja Becker zu Gast, um der Öffentlichkeit mitzuteilen, dass es neue Ermittlungsergebnisse im Fall Jutta Hoffmann gebe und einen Hinweis lancierte: „Es gibt eine Mitteilung darüber, dass der Name Peter eine Rolle spielen könnte.“

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„Das war eine kriminalistische List“, sagte Becker am ersten Verhandlungstag. Drei Wochen später weicht sie der Frage nach dem „Warum“ zunächst aus. Dann hakt der Vorsitzende Richter Volker Wagner nach: „Sind Sie davon ausgegangen, dass die DNA nicht genügt?“ Die Ermittlerin bejaht dies. Die DNA wurde an einem Spaten gefunden, mit dem Werkzeug soll der mutmaßliche Täter die Grube ausgehoben worden, in die der Leichnam gelegt wurde. Die DNA-Spur allein belege nur, dass F. den Spaten in der Hand gehabt habe und in Lindenfels gewesen sein musste, so die LKA-Mitarbeiterin.

Leichnam von Jutta Hoffmann exhumiert

Wie aufwendig die Ermittlungen im Cold Case Jutta Hoffmann - ganz unabhängig von den verdeckten Ermittlungen - waren, zeigt sich einmal mehr am Donnerstag vor Gericht. Der rechtsmedizinische Sachverständige Matthias Kettner beschreibt detailliert, wie Jutta Hoffmanns Grab am 10. Juli diesen Jahres, um 3.45 Uhr, auf dem Friedhof in Lindenfels geöffnet wurde. Der Grund: Die Knochen von Jutta Hoffmann sollten auf Metallspuren untersucht werden, die von einem scharfen Werkzeug stammen könnten.

Kettner und sein Team fanden einen Rippenknochen, der Spuren eines glatten Schnitts trug. Auf Höhe des Knochens stellten die Ermittler zuvor bereits Blut am Kleid fest, das Jutta Hoffmann am Tag ihres Verschwindens trug. Ihre skelettierte Leiche wurde anderthalb Jahre danach gefunden. Und so könnte der Schnitt auf ein scharfes Werkzeug, etwa ein Messer hindeuten. Sicher ist das allerdings nicht. Peter F. soll nach der Sendung mit einem Pfleger über ein Messer gesprochen haben. Damit soll Jutta Hoffmann ermordet worden sein, sagte F., obwohl diese Info damals noch nicht öffentlich verbreitet worden war.

Redaktion

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