Sicher ein Zufall, dennoch pikant: Während sich Robert Habeck in Heidelberg Fragen des Klimaschutzes widmet, behandelt sein parlamentarischer Kontrahent wenige Kilometer entfernt das gleiche Thema. Auf einer Veranstaltung von CDU und Freien Wählern in Schriesheim diskutiert Andreas Jung, stellvertretender Bundes-Chef der Union und klimapolitischer Sprecher seiner Fraktion, mit Praktikern und Bürgern.
Für eine politische Veranstaltung ist der Andrang groß, erst recht am Abend eines Tages mit 36 Grad: Gut 70 Interessierte versammeln sich auf der Terrasse des örtlichen Tennisclubs, sogar ein Stadtrat der Grünen ist dabei. „Es geht hier nicht um die Parteipolitik“, versichert denn auch der regionale Bundestagsabgeordnete Alexander Föhr: „Uns geht es um die Sache.“ Das gibt den Ton vor.
Die Kritik der Politiker richtet sich an die Vorgehensweise bei Verabschiedung des Heizungsgesetzes, es also nach der Sommerpause unverändert vorzulegen, die der Experten vor allem am Inhalt. Das betrifft konkret ein zentrales Element des Gesetzes: die Wärmepumpe. Keineswegs will er sich jedoch dem Bashing gegen diese Technologie anschließen, versichert Christian Mildenberger, Geschäftsführer des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW: „Es gibt Quartiere, da ist die Wärmepumpe in der Tat unschlagbar.“
Auch die von Kritikern in Talkshows verbreitete Horror-Kostenhöhe von 100 000 Euro sei aus der Luft gegriffen, sagt Mildenberger: „Eine effektive kleine Wärmepumpe gibt es schon für 2000 bis 3000 Euro.“
Aber: „Es wird so getan, als wenn die Wärmepumpe überall passt“, so Mildenberger: „Außer 16 Millionen Einfamilienhäusern gibt es auch jeweils drei Millionen Mehrfamilienhäuser und Nicht-Wohn-Gebäude“, mahnt er: „Man muss für jedes Quartier analysieren, was passt.“
„Die Kunden sind extrem verunsichert“, spürt Praktiker Hans Beckenbach: „Keiner weiß, was Sache ist“, sagt der Heizungsbauer. Viele hätten noch schnell eine Ölheizung bestellt – so viele, dass dieses Jahr keine mehr ausgeliefert werden können. Auch die Wartezeit für Wärmepumpen liege bei einem Jahr. Und bei denen, die installiert wurden, sei übrigens ein Problem aufgetreten, das viele gar nicht auf dem Schirm haben: der Schallpegel. „Wir leben in einer Zeit, in der die Menschen immer hellhöriger werden.“
Der Ladenburger Tillmann Jahn legt den Finger in eine andere Wunde: „Wir haben eine wunderschöne Altstadt mit alten Häusern.“ Der Einbau von Wärmepumpen sei hier unmöglich: „Welche Alternativen gibt es?“ Praktiker Beckenbach meint: „Dort liegt ja ein Gasnetz, und hier bietet sich Wasserstoff als Ersatz an.“
Heinrich Kling, Seniorchef der Malz-Fabrik, befürwortet einen ganz anderen Weg: eine CO2-Bepreisung nach skandinavischem Vorbild. „Damit kann jeder langfristig planen.“ Ja, für Firmen sei das in der Tat sinnvoll, für Privathaushalte nicht, sagt Mildenberger: „Entweder ist die Bepreisung so niedrig, dass sie keine Lenkungswirkung entfaltet, oder so hoch, dass sie die Privathaushalte finanziell überfordern würde.“
Auf diesem sachlichen Niveau bleibt die Diskussion. Nur einmal driftet sie ab. Ein Eigentümer klagt, dass er seine zwei Mietshäuser nun umrüsten müsse. Was das Ganze überhaupt solle, wo Deutschland nur zwei Prozent des Weltenergieverbrauchs stelle, schimpft er, hebt zu einer Pauschalkritik gegen „die Herren da oben“ an: „Ich wünsche mir, dass die AfD mal drankommt.“
Das sorgt auf der Terrasse für Kopfschütteln. Und auch Jung entgegnet dem Bürger sachlich im Ton, aber eindeutig in der Sache: „Wir stellen in der Tat nur zwei Prozent des Energieverbrauchs, aber sogar nur ein Prozent der Weltbevölkerung“, erinnert er: „Wenn alle so wirtschaften würden wie wir, würde uns die Erde um die Ohren fliegen.“ Klimaschutz sei daher ein wichtiges, ja zentrales Ziel: „Doch gerade diesem Ziel erweist man einen schlechten Dienst, wenn man seine gesellschaftliche Akzeptanz durch falsche Maßnahmen beeinträchtigt.“
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