Missbrauch - Seit 2010 sind Geschädigte aus dem Speyerer Kinderheim Engelsgasse mehrfach an das Bistum herangetreten / Aktenlage wird erst noch erforscht

Bisher kein Gespräch zwischen Bischof und Opfer

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Stephan Alfter
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Was im Schatten des Doms passierte, soll aufgearbeitet werden. © Klaus Venus

Speyer. Bischof Karl-Heinz Wiesemann weiß nicht erst seit wenigen Wochen von den Missbrauchsvorwürfen aus dem Kinderheim Engelsgasse gegen den früheren Generalvikar Rudolf Motzenbäcker aus den 60er Jahren (wir berichteten). Die Pressestelle des Bistums hat nun auf einige Fragen geantwortet.

Seit wann sind Bischof Wiesemann die Vorgänge bekannt?

Die drei Betroffenen, die Prälat Motzenbäcker des sexuellen Missbrauchs beschuldigen, haben sich in den Jahren 2010, 2014 und 2018 an die unabhängigen Missbrauchsbeauftragten des Bistums gewandt. Bischof Wiesemann sei jeweils informiert worden, so Bistums-Sprecher Markus Herr. Im März 2020 habe sich das Opfer, Konrad O. (Name geändert), erneut an das Rechtsamt des Bistums gewandt und die Vorwürfe, die auch Gegenstand des Urteils des Sozialgerichts Darmstadt sind, dargelegt. Staatsanwaltschaft und Bischof seien jeweils unterrichtet worden.

Das Bistum will die Vorgänge im kommenden Jahr untersuchen lassen. Wie ist die Vorgehensweise?

Das Bistum will eine unabhängige Aufarbeitungskommission einrichten, die im ersten Quartal 2021 beginnen soll. Sie soll sich aus insgesamt sieben Mitgliedern zusammensetzen: zwei Betroffene sowie fünf unabhängige Experten aus Wissenschaft, Fachpraxis, Justiz und öffentlicher Verwaltung. Zwei von ihnen werden von den Landesregierungen in Mainz und Saarbrücken benannt, drei von der Diözese. Die Entwicklung hänge auch vom Infektionsgeschehen ab.

Gibt es noch Akten von damals?

Im Bistumsarchiv seien Akten aufbewahrt, die sich auf die Einrichtung in der Engelsgasse beziehen. In einem Bewohnerbuch des Kinderheims tauche O. als Betreuter namentlich auf. Ob es noch Bewohnerakten gebe, werde geprüft.

Gab es ein persönliches Gespräch zwischen dem Bischof und dem nun bekannten Opfer, Konrad O.

O. stehe seit 2010 in einem intensiven Gesprächskontakt mit den unabhängigen Missbrauchsbeauftragten des Bistums. Generalvikar Andreas Sturm, Leiter des Bischöflichen Ordinariats, habe im März 2019 ein gutes Gespräch mit O. geführt. Es gebe darüber hinaus ein Gesprächsangebot mit dem Bischof selbst. Dieser werde O. nun noch einmal persönlich einladen.

War der Bischof wegen der Vorgänge im Kontakt mit Kardinal Wetter, der seit 1968 Bischof in Speyer war?

Der Bischof habe Kardinal Wetter auf die Vorwürfe gegen Prälat Motzenbäcker angesprochen. Die Antwort sei gewesen, dieser wisse davon nichts und könne sich das auch bei dem Prälat nicht vorstellen – so wie er diesen kennengelernt habe. sal

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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