Halbzeitbilanz - Schausteller zeigen sich zur Halbzeit weitgehend zufrieden / Kritik am Buchungssystem / Stadt justiert Regelungen nach / Riesenrad wird abgebaut

Backfischfest Worms ein sehr wichtiges Signal

Von 
Bernhard Zinke
Lesedauer: 
Blick aufs Backfischfest Worms. Das Riesenrad wird am Sonntag abgebaut. © Bernhard Zinke

Worms. Richtungsweisend für die Pfalz und sogar für ganz Deutschland sei das, findet René Bauer. Worms zeige mit seinem Backfischfest, dass man Volksfeste auch in der Pandemie stattfinden lassen kann. „Wir sind sehr froh, dass die Stadt Rückgrat bewiesen hat“, sagt der Vorsitzende des Schaustellerverbandes Worms-Wonnegau in einer Zwischenbilanz zum einzigen Volksfest in der ganzen Region, das trotz Corona stattfindet. Zwar ohne Festumzug, Feuerwerk, Fischerstechen und mit drastisch reduziertem Rahmenprogramm. Aber gefeiert wird, wenn auch mit angezogener Bremse.

Gleichwohl sammelt die Stadt Erfahrungen mit ihrer Corona-Festvariante. An verschiedenen Stellen hat sie schon nachgeschärft. So hatten bis Wochenmitte beispielsweise Besucher ohne Internetzugang keine Chance auf Eintrittskarten. Die gibt es zwar kostenlos, aber bis Donnerstag nur über die Startseite www.backfischfest.de. Jetzt können Karten auch per Telefon bestellt werden. Ein spontaner Besuch ist jedoch nach wie vor nur dann möglich, wenn Tickets noch verfügbar sind. Weiterhin gilt eine Begrenzung der Besucherzahl auf knapp unter 5000. „Mit 5000 Besuchern auf dem Platz könnten wir denn auch gut leben“, sagt Bauer – wenn sie denn da wären. Die Erfahrung hat aber gelehrt, dass Besucher zwar ein Ticket buchen, es dann aber nicht nutzen und fernbleiben. Dafür müssen andere, die wollen, draußen bleiben. Die tatsächlichen Zuschauerzahlen ist die Stadtverwaltung bislang schuldig geblieben. Auch zeigt sich am Buchungsportal, dass die Karten allenfalls am Wochenende gefragt sind. 

Worms

Abendlicher Rundgang übers Backfischfest

Veröffentlicht
Bilder in Galerie
9
Mehr erfahren

Dass trotz aller Beschränkungen in Worms gefeiert wird, hält auch der Vorsitzende des Deutschen Schaustellerbundes, Albert Ritter, für ein „sehr, sehr wichtiges Signal – für die Bürgerinnen und Bürger, aber auch für die Schaustellerseele“. Es sei wichtig, dass die Kollegen nach eineinhalb Jahren faktischem Berufsverbot – „aus guten Gründen“ – nun wieder mit ihrer eigenen Hände Arbeit Geld verdienen können. Dass am Anfang nun nicht ganz so viel Geld verdient werde, sei nicht entscheidend. „Es ist wichtig, dass überhaupt etwas geschieht. Es muss ein Anfang gemacht werden“, sagt Ritter. Und das sei in Worms passiert. Hier werde gerade bewiesen, dass man verantwortungsvoll mit den Hygiene-Richtlinien wie Maskenpflicht auf dem ganzen Platz, Abstand, Plexiglasscheiben umgehe. Nebenbei beweise Großbritannien und die Niederlande, dass Veranstaltungen trotz hoher Inzidenzzahlen stattfinden könnten, ohne dass das Gesundheitssystem kollabiere. Wichtig sei, die Hospitalisierungsrate im Blick zu halten. 

Ritters Wormser Kollege René Bauer nimmt trotz allem die Politik in die Pflicht. Für viele Schausteller sei es sehr schwer, wieder Fuß zu fassen. „25 bis 30 Prozent der Unternehmen reisen nicht mehr“. Deshalb brauche es für die kommenden Jahre eine finanzielle Unterstützung der Kommunen, wenn sie für ihre Volksfeste noch Fahrgeschäfte und Gastronomie haben wollten.

Für Ärger sorgt indessen, dass an diesem Wochenende der Wormser Schaustellerbetrieb Göbel sein Riesenrad abbaut und damit weiter zum Volksfest nach Aachen reist. „Das stößt bei niemandem hier auf große Begeisterung“, deutet Bauer Krach hinter den Kulissen an. Ist das Riesenrad mit dem rot-weißen Backfischfest-Herz doch der Hauptblickfang des Festplatzes. Wegen der Pandemie sei eine normale Tourplanung für einen Schaustellerbetrieb nicht möglich, erläutert Inhaber Sebastian Göbel. Die Stadt Worms habe im Frühjahr darum gebeten, den üblichen Backfischfesttermin für das Riesenrad zu reservieren, was man als Wormser Unternehmen sehr gern gemacht habe. Erst im Nachhinein sei die Verlängerung des Festes auf 16 Tage beschlossen worden. Da sei der Vertrag mit Aachen aber schon geschlossen gewesen. Den habe man aber nicht brechen wollen, da Aachen auch schon seit zehn Jahren ein Stammkunde sei, begründet Göbel die unglückliche Situation. Unter Corona-Bedingungen ist er mit dem Umsatz auf dem Backfischfest – er betreibt das Riesenrad und einen Autoscooter – eigentlich ganz zufrieden. „Aber das ist kein Geschäftsmodell für die Zukunft.“     

Ressortleitung Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen