Das Angebot ist tatsächlich unschlagbar günstig. Schon wer in den kommenden drei Monaten nur einmal in vier Wochen in der Region mit Hin- und Rückfahrt unterwegs ist, hat den gesamten Monatspreis schon raus. Kein Wunder, dass mit dem Start des Angebots ein regelrechter Ansturm aufs 9-Euro-Ticket eingesetzt hat. Dieses könnte sich allerdings gleichermaßen zum Fluch und Segen des Angebots entwickeln. Schließlich wollen sich die Betreiber des Öffentlichen Nahverkehrs auch in der Region von ihrer besten Seite zeigen. Ziel ist es, kein Strohfeuer zu entfachen, sondern alles dafür zu tun, dass möglichst viele Neueinsteiger auch im September und Oktober noch in Busse und Bahnen einsteigen.
Allerdings zeichnet sich schon jetzt ab, dass sich Fahrten in sprichwörtlich vollen Zügen kaum genießen lassen werden. Denn ein Ansturm auf in Spitzenzeiten schon jetzt begrenzte Kapazitäten wird zwangsläufig dafür sorgen, dass Fahrerinnen und Fahrer der Busse und Bahnen es noch schwerer haben werden, ihre Fahrpläne einzuhalten. Sitzplätze werden Mangelware sein, mancher Fahrgast wird auf die nächste Bahn warten müssen.
Gleichwohl ist der Umstieg in den Öffentlichen Nahverkehr aus vielerlei Gründen das Gebot der Stunde. Es ist eine umweltpolitische Notwendigkeit und schont zudem den eigenen Geldbeutel angesichts der Benzinpreise von mehr als zwei Euro. Insofern ist das 9-Euro-Ticket erstmal eine gute Sache.
Es nützt jedoch gar nichts denjenigen, die eher in der Peripherie der Metropolregion wohnen. Denn wer mit dem Nahverkehr eineinhalb bis zwei Stunden statt mit dem Auto knapp 30 Minuten braucht, um ans Ziel zu kommen. wird auch mit dem günstigsten Fahrschein nicht zum Umstieg zu bewegen sein. Er wird sich eher lieber eine halbe Stunde zusätzlich in den Baustellen-Stau stehen und damit immer noch Zeit sparen.
Insofern wäre die Bundesregierung besser beraten gewesen, die Milliardenbeträge nicht ins zugegeben attraktive 9-Euro-Ticket, sondern in die arg hinterher hinkende Infrastruktur zu stecken. Selbst mit dem kleinsten Anteil der Metropolregion am 2,5 Milliarden Euro großen Kuchen hätte sich mehr bewegen lassen, als am Ende frustrierte Kurzzeit-Fahrgäste zu produzieren, die kaum Platz in verspäteten S-Bahnen vorfinden werden.
Immerhin: Die Verkehrsunternehmen setzen sprichwörtlich alles in Bewegung, damit das Drei-Monatsprojekt eine nachhaltige Wirkung entfaltet. Drücken wir die Daumen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Ansturm auf Busse und Bahnen: Ein Fluch und Segen!