Gewaltausbruch - Konflikt mit AfD-Fraktion über Corona-Testung bahnte sich in einer per Mail geführten Diskussion an / Viel Solidarität mit Hans-Dieter Schneider

AfD-Schläger in Mutterstadt: War es ein kalkulierter Eklat?

Von 
Stephan Alfter
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In´vielen öffentlichen Räumen zu finden: Zwei ähnliche Desinfektionsspender warf ein AfD-Politiker am Montag im Palatinum auf den Boden. © Bernhard Zinke

Andreas Mansky war am Dienstag partout nicht zu erreichen. Sein Mobiltelefon blieb ausgeschaltet und sein E-Mail-Postfach sendete auf Anfragen automatisch die Antwort: „Mailbox unavailable“. Dabei hätte man doch allzu gerne von dem AfD-Kreistagsmitglied selbst erfahren, von welchem Gedanken er in jenem Moment getragen war, als er am Montagnachmittag seinem 65-jährigen SPD-Kollegen und Mutterstadter Bürgermeister Hans-Dieter Schneider derart Richtung Nase boxte, dass dieser sich hiernach stark blutend in ärztliche Behandlung begeben musste.

Kurz zuvor hatte der 54-Jährige Logistikmeister, der in Waldsee lebt, zwei Beamte aus dem Kreishaus vor Zeugen als „Wichser“ bezeichnet und am Sitzungsort im Palatinum zwei Desinfektionsbehälter umgeworfen, was jetzt zur Folge hat, dass der just sanierte Holzboden nun schon wieder repariert werden muss. Eine weitere Folge sind Ermittlungen des Polizeipräsidiums Rheinpfalz wegen des Verdachts der Körperverletzung, Beleidigung und Sachbeschädigung. Gegen den Mann laufe nun ein Strafverfahren, sagte ein Polizeisprecher am Dienstag. Und das alles nur, weil Mansky nicht einsehen wollte, dass zur Sitzung nur genesene, geimpfte oder getestete Personen Zugang haben?

18 Stunden nach dem Corona-Eklat herrschte am Dienstag im politischen Rhein-Pfalz-Kreis noch immer Kopfschütteln. Ernst Bartholomé, zwischen 1983 und 2001 CDU-Landrat des Kreises, sprach angesichts der Vorgänge von einer „bösen Entgleisung“. In seiner Amtszeit sei es zu solchen Vorfällen nicht gekommen. „Mit Kultur hat das nichts mehr zu tun“, sagte der 81-Jährige gegenüber dieser Redaktion. Auch Bernhard Kukatzki, 1984 erstmals für die Grünen im Kreisparlament, kann sich an körperliche Auseinandersetzungen nicht erinnern.

Im Kreishaus machte man sich derweil an eine erste Analyse und Aufarbeitung des Geschehens. Landrat Clemens Körner vollzog beispielsweise einen am vergangenen Freitag beginnenden Mailverkehr mit dem AfD-Fraktionsvorsitzenden Stefan Scheil (Neuhofen) nach, der sich am Montagmittag gegen 14.30 Uhr zuspitzte.

SPD-Minister melden sich

Darin bezeichnete Scheil die Testung vor der Kreistagssitzung bei einer solch niedrigen Inzidenz offenbar als „hochproblematisch“. Weiter führt Scheil dort aus: „Wir werden beraten, ob und wer von der AfD unter diesen Bedingungen an der Sitzung teilnimmt und ob wir deren Rechtmäßigkeit juristisch prüfen lasen.“ Körner liest aus diesem Satz nicht zwangsläufig eine Drohung heraus, nimmt aber ein verbales Aufrüsten im Vorfeld der Kreistagssitzung wahr. „Man hat sich bei der AfD offenbar beraten über das Thema. Ich sage nicht, dass das, was dann gelaufen ist, das Ergebnis der Beratungen war“, so Körner. Aber genau danach sei es zu einer körperlichen Auseinandersetzung gekommen. Es handle sich um eine neue Stufe der Eskalation, wenn Politiker, Polizisten und Feuerwehrleute nicht nur im Netz beschimpft würden, sondern es nun zu Gewalt innerhalb eines politischen Gremiums komme. Zur Tagesordnung könne man nun nicht einfach übergehen.

Bis Dienstagmittag hatte sich aber niemand von der AfD-Fraktion bei der Kreisverwaltung gemeldet, um die Vorgänge einer gemeinsamen Aufarbeitung zuzuführen.

Ausschluss aus der AfD?

Umso mehr Menschen nahmen am Dienstag Kontakt zu Hans-Dieter Schneider auf, der als Mutterstadter Bürgermeister auch Hausherr im Palatinum ist. Zunächst habe ihn der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) aus Mainz angerufen und ihm seine Solidarität bekundet.

Minister für Arbeit und Soziales, Alexander Schweitzer, twitterte, dass das juristische und politische Konsequenzen für den Täter nach sich ziehen müsse. Nicole Höchst, AfD-Bundestagsabgeordnete mit Wohnsitz in Speyer, antwortete auf die Frage nach Konsequenzen, dass der Vorgang sich noch in der internen Aufklärung befinde. Wörtlich schrieb sie: „Sollten die Vorwürfe zutreffen, wird es ernste Konsequenzen bis hin zum Parteiausschluss geben“. Den verletzten Bürgermeister bittet sie um Entschuldigung. Das hatte vor ihr bereits der Landesvorsitzende Michael Frisch getan. Die verbliebenen Mitglieder der AfD-Kreistagsfraktion hatten sich am Montagabend bei Schneider entschuldigt. Der Fraktionsvorsitzende Stefan Scheil war am Dienstag nicht zu erreichen. Eine öffentliche Stellungnahme seinerseits blieb aus.

Der leicht verletzte Hans-Dieter Schneider ging am Dienstag wieder seiner normalen Tätigkeit nach. Bei der Polizei hatte er Angaben zur Sache bereits am Montag gemacht, mit dem Landrat wolle er sich nun über rechtliche Folgen unterhalten. Eine eventuelle persönliche Anzeige gegen Andreas Mansky wolle er noch ein oder zwei Tage zurückstellen und sich Gedanken machen.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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