Positive und negative Diskriminierung und Ausgrenzungserfahrung gehören für Minderheiten aller Länder zum Alltag. Das weiß ich – als Kind sogenannter Gastarbeiter in Mannheim geboren und aufgewachsen – aus eigener Erfahrung. Wer ethnisch, religiös oder auch psychisch von der Norm abweicht, wird manches Mal schlechter behandelt, manches Mal über eine Quotenregelung oder als Exot gar bevorzugt. Dennoch: Die Mehrheit der nach Mannheim eingewanderten Migranten hebt sich im Alltag durch nichts von ihren deutschen Nachbarn ab. Sie stehen morgens auf, frühstücken, gehen arbeiten, holen ihre Kinder von der Schule ab und träumen von einem besseren Morgen.
Doch es gibt auch in der migrantischen Community Formen von Rassismus und Ausgrenzung. Zu einem friedlichen Zusammenleben in multikulturellen Gesellschaften gehört eben auch, über Probleme sprechen zu dürfen – ohne politisch kategorisiert zu werden oder in eine rechte Ecke gestellt zu werden. Salafismus, Nationalismus, Verachtung von Frauen. Auch in der migrantischen Gesellschaft verzeichnen Populisten, radikale Prediger oder Frauenhasser Zuwachs. Jugendliche fühlen sich auf TikTok von bärtigen Predigern mit Hassbotschaften angezogen. Deutsche Lehrer trauen sich in Klassen mit hohem Migrationsanteil nicht, über den Nahost-Konflikt zu sprechen.
Auch migrantischer Populismus muss thematisiert werden
Der Kampf deutscher Linker gegen Rassismus ist lobenswert. Doch Rassismus, Antisemitismus in migrantischen Communites zu ignorieren und jegliche Thematisierung dieser vorhandenen Probleme als Rassismus zu bezeichnen, nicht. Zu ignorieren, dass sich immer mehr jüdische Bürger und Bürgerinnen, aber auch Säkulare aus dem Nahen Osten genauso wie „biodeutsche“ Mitbürger von Salafisten und anderen migrantischen Radikalen bedroht fühlen, ist ebenfalls nicht rühmlich.
Wer sich in einer zunehmend multiethnischen und multikulturellen Gesellschaft gegen deutschen Populismus ausspricht, aber migrantische Populisten und Gefährder ignoriert oder mit Samthandschuhen anfasst, erweist den mehrheitlich gut integrierten Migranten keinen Gefallen und schadet auch unserer Demokratie.
Alle bürgerlichen Parteien müssen über Parteigrenzen hinweg die Werte der freiheitlichen westlichen Demokratie hochhalten, ohne Ausnahmen zu machen. Dann ist Multikulti möglich.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Wie Multikulti in Mannheim möglich ist
Positive und negative Diskriminierung und Ausgrenzungserfahrung gehören für Minderheiten aller Länder zum Alltag. Ilgin Seren Evisen über Integration in Mannheim