Mannheim. Ein 19-minütiges Gespräch vor einem Mannheimer Wahllokal, in dem keine rassistische Äußerung fällt – das bestätigt erneut: Längst nicht alle AfD-Wähler denken menschenverachtend. Doch was treibt Menschen an, ihr Kreuz bei einer Partei zu setzen, in der Björn Höcke oder Maximilian Krah eine führende Rolle einnehmen? Björn Höcke, den man legal als Faschisten bezeichnen darf?
Marode Brücken, steigende Mieten: Den Mannheimer Rentner, mit dem wir lange gesprochen haben, treiben nachvollziehbare Sorgen um. Die Versprechen der AfD findet er verlockend – dabei wird die Partei sie nie halten. Glaubt man Experten, fehlen zur Umsetzung über 100 Milliarden Euro pro Jahr. Und ausgerechnet zu Mieten – ein für den Mannheimer wichtiges Thema – plant sie wenig. Warum wählt er eine Partei, die offenkundig nicht für seine Interessen eintreten wird?
Merz, Scholz und Habeck stehen nicht für politischen Neuanfang
Ein Grund ist das Informationswirrwarr in sozialen Medien: Millionen Likes nicht für Erklärvideos der Tagesschau, sondern für Hetze gegen Habeck oder hysterische Rufe nach „Remigration“. Vielen AfD-Wählern fehlt es inmitten ihrer Algorithmen an kritischer Berichterstattung, die einordnet – zumal ihr Vertrauen gegenüber etablierten Medien schwindet.
Ein anderer Grund: verbrauchte Köpfe. Merz, Scholz oder Habeck sehen nicht nach politischem Neuanfang aus, viele wünschen sich eine Alternative. Es ist erschreckend, wie jeder fünfte Deutsche dabei ausblendet, dass er Radikalen zu neuer Macht verhilft.
Das A und O lautet: Die Probleme der Menschen lösen
Ob der AfD-Erfolg zu stoppen ist, ist offen. Was wären Strategien? Zueinander finden, Probleme lösen. Die Politik muss liefern – aber auch ihre Erfolge kommunizieren, statt öffentlich zu streiten.
Wenn es eine Partei gäbe, die sagt: Schaut, wir haben euch die Brücken saniert! Seht, dank uns ist ÖPNV kostenlos! Geht nachts auf die Straße, wir haben Terrorismus gestoppt und die Polizei gestärkt! Dann würden viele mit dieser Partei auch ihren persönlichen Aufstieg verbinden. Und ihr das Vertrauen aussprechen. Nicht aufgrund von Versprechen, sondern dank Taten.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Versprechen bringen kein Vertrauen – es braucht Taten
Längst nicht alle AfD-Wähler folgen menschenverachtendem Gedankengut, das aus der Partei zu hören ist. Sie muss und kann die demokratische Mitte noch überzeugen.