Kommentar Thor-Gruppe in der Neckarstadt-West: Mehr Nutzen als Schaden

Martin Geiger über die Immobilienkäufe der Thor-Gruppe

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Martin Geiger
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Mannheim. Vorsicht, das wird jetzt nicht jedem gefallen. Denn natürlich kann man das alles auch ganz anders sehen. Trotzdem bleibt unter dem Strich festzuhalten: Das Engagement der Thor-Gruppe, die in der Neckarstadt-West bereits 46 Häuser gekauft hat und damit der größte private Vermieter dort ist, nützt dem Stadtteil nach dem, was man bislang weiß, mehr als es schadet.

Es stimmt zwar sicherlich, dass einzelne Bewohner darunter leiden und womöglich aus ihrem Stadtteil vertrieben werden. Das ist schlimm. Und es wird auch nicht dadurch besser, dass die Investoren Geld für Schüler-Tablets und Spielplätze spenden. Zudem muss man kritisieren, dass die Thor-Gruppe bei der Wahl ihres Namens jegliches Feingefühl hat vermissen lassen. Und sie durch die Weigerung, mit allen Mitgliedern öffentlich in Erscheinung zu treten, nicht zur Vertrauensbildung beiträgt.

Wenn man jedoch einen Schritt zurück tritt und versucht, den ganzen Stadtteil in den Blick zu nehmen, wird klar: Die Neckarstadt-West hat Probleme. Immense. Das fängt bei den sozialen an, setzt sich über die höchsten Corona-Infektionszahlen fort und endet irgendwo bei dem Umstand, dass nirgends in Mannheim die Menschen früher sterben. Das alles beeinflusst die Lebensqualität – auch wenn es nicht so offensichtlich sein mag wie eine Mieterhöhung.

Die Frage lautet also: Was ist das Ziel? Soll die Neckarstadt-West Mannheims Problemviertel bleiben? Oder soll sie ein Stadtteil werden, in dem alle jungen Paare gerne wohnen, selbst wenn sie Kinder bekommen?

Wer Letzteres will, muss anerkennen, dass die Stadt allein das nicht leisten kann. Obwohl sie schon sehr viel unternimmt. Dazu fehlen ihr schlicht die Mittel. Und er sollte der Tatsache ins Auge sehen, dass dieses Ziel, wenn überhaupt, nur zu erreichen ist, wenn der marode Zustand vieler Häuser behoben wird – was zwangsläufig mit höheren Mieten einhergeht.

Es braucht also private Investoren. Diese wollen, da muss man nicht drumrum reden, Geld verdienen. Möglichst viel. Das ist an sich auch nicht verwerflich. Schließlich gibt es Gesetze, die ihnen klare Grenzen setzen – und die in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern übrigens relativ mieterfreundlich sind.

Der politische Streit über ihre Rolle, über Transparenz und Kontrolle ist dennoch richtig und wichtig. Er sollte aber nicht auf dem Rücken der Investoren ausgetragen werden. Sonst sind sie irgendwann weg. Und rund um den Neumarkt bliebe vieles, wie es ist . . .

Redaktion Reporter für das Ressort "Mannheim".