Kommentar Stadt Mannheim muss kurzfristig reagieren können!

Dass die Stadt Mannheim das Thomashaus und die Hallen für die Unterbringung von Geflüchteten aufgibt, ist mutig, aber in Teilen auch nachhvollziehbar. Die Lage bleibt aber weiter unsicher, kommentiert Sebastian Koch.

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Sebastian Koch
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Es ist ein großer Wechsel in der Ukraine-Politik, den Oberbürgermeister Peter Kurz im Hauptausschuss erklärt hat: Die Verwaltung gibt das Konzept der Erstanlaufstelle mit kurzzeitiger Übernachtungsmöglichkeit auf. Und anstatt Anträge stellen zu können, sollen sich Geflüchtete im Stadthaus nur noch über hohe bürokratische Hürden informieren können. Zur Antragsstellung sollen umliegende Bürgerdienste und das Jobcenter aufgesucht werden. Das ist bemerkenswert, hatte sich die Stadt doch stets für die Verwaltungsstraße in der Jugendherberge, später dann im Thomashaus gerühmt. Die hatte aber auch einen erheblichen Mehraufwand zur Folge. Dass bei immer weniger ankommender Geflüchteter das Angebot nun aufgeweicht wird, entlastet auf der einen Seite den Aufwand und ist so gesehen nachvollziehbar – auf der anderen Seite wird Ankommenden (und Gastgeberfamilien) aber auch noch mehr Eigenverantwortung übertragen. Erst die kommenden Wochen werden zeigen, ob das wirklich funktioniert.

Immer wieder hatte die Verwaltung auch betont, wie wichtig die mit Feldbetten ausgestatten Sporthallen sind. Es ist bei der Präventivmaßnahme geblieben, belegt werden mussten die Hallen nicht. Deren Rückgabe in den Regelbetrieb ist deshalb vor allem für Sportvereine und Schulen eine große Erleichterung.

Dabei muss aber klar sein, dass diese Erleichterung möglicherweise nur von kurzer Dauer ist. Denn so stark die Stadt ihren Aufnahmebetrieb nun in den Regelbetrieb integriert, so schnell müssen Notfallpläne greifen, wenn die Zahl ankommender Geflüchteter wieder steigt. Der Krieg ist nicht vorbei – sollte etwa die Millionenstadt Odessa angegriffen werden, droht wieder eine große Zahl an Geflüchteten auch in Mannheim. Dass die Verwaltung erklärt, Hallen etwa könnten in wenigen Tagen zur Aufnahme fähig werden, beruhigt. Letztlich entscheidet sich aber auch das im Praxistest.

Nicht vergessen darf man das große Engagement, das viele Mannheimerinnen und Mannheimer zum großen Teil ehrenamtlich noch immer aufbringen: als Vermieter, als Gast- und auch als Ersatzfamilie. Auch Sprachmittler, die teilweise zwar mit Verträgen ausgestattet sind, aber viele Stunden arbeiten und zahlreiche Schicksale hautnah erleben, müssen hier genannt werden. Viele sind an physischen und psychischen Belastungsgrenzen. Sie alle müssen mit zunehmender Kriegsdauer immer stärker unterstützt werden – an dieser Stelle ist allen voran die Verwaltung weiterhin gefordert.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts