Kommentar Spannende Zeiten bei den Rhein-Neckar Löwen

Selbst wenn die Löwen Pokalsieger werden, gibt es noch sehr viel Arbeit, meint Marc Stevermüer.

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Marc Stevermüer
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Reflexartige Reaktionen sind im extrem schnelllebigen Profisport recht weit verbreitet. Nachdem die Rhein-Neckar Löwen zuletzt viermal in Folge verloren, war umgehend die Rede davon, dass der Handball-Bundesligist nun die komplette Saison wegwirft. Oder noch besser: Dass der Club die Spielzeit jetzt mit einem Pokalsieg retten muss. Ganz ehrlich: Ein wenig mehr Sachlichkeit würde dieser Diskussion ganz guttun.

Dabei hilft ein recht kurzer Blick zurück. Nur so als Erinnerung, als kleine Gedächtnisstütze – und zwar als mahnende. Die vergangene Saison war die schlechteste seit dem Aufstieg 2005. Die Löwen landeten im tristen Tabellenmittelfeld. Mit Andy Schmid ging anschließend zudem die prägende Figur der vergangenen Jahre. Nur wenige hätten da gedacht, dass die Mannheimer in dieser Spielzeit zwischenzeitlich Tabellenführer sind und selbst jetzt – nach mehr als zwei Dritteln der Saison – immer noch beste Aussichten auf die Teilnahme an der European League haben. Mal abgesehen davon, dass die Badener erstmals seit 2018 im Pokal-Halbfinale stehen. Und das nicht etwa wegen eines ausgeprägten Losglücks. Im Gegenteil.

Die Perspektive stimmt also. Die Entwicklung auch. Der neue Trainer Sebastian Hinze hat einen ansprechenden Neustart eingeleitet, beim Blick aufs große Ganze geht der Trend entsprechend auch nach oben – selbst wenn aktuell die Formkurve ein wenig nach unten zeigt. Doch von „Saison wegwerfen“ oder „Saison retten“ sind die Löwen noch ganz weit entfernt.

Noch viel Arbeit

Allerdings taugt das bislang Erreichte auch nicht als Argument, um die jüngste Niederlagenserie komplett beiseitezuschieben. Zumal die Badener keinesfalls gegen die Schwergewichte der Liga verloren, sondern gegen Leipzig, Lemgo, Hamburg und Gummersbach. Die Leistungen waren teils inakzeptabel, legten in einzelnen Fällen aber auch einfach nur die erwartbaren, vielleicht sogar bekannten Schwächen dieses Kaders schonungslos offen. Die Erkenntnis lautet: Bei manch einem Spieler reicht es nicht fürs oberste Bundesliganiveau. Der eine oder andere wird deshalb im Sommer gehen. Vielleicht macht bei manch einem auch eine vorzeitige Trennung Sinn. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.

Klar ist: Der Umbau der Löwen geht weiter – und wird Zeit in Anspruch nehmen. Vor allem, wenn die Mannheimer auch in der Kaderbreite konkurrenzfähiger sein wollen. Hier wirken noch die Sünden der Vergangenheit nach. Sie lassen sich eben nicht in einer einzigen Saison beheben.

In den nächsten Wochen wird es nun spannend, zu sehen, wie Hinze mit seiner ersten Krise beim zweifachen deutschen Meister umgeht. Denn die kommenden Aufgaben haben es in sich. Nach der Pokal-Endrunde stehen die schwierigen Ligaaufgaben in Berlin und Hannover sowie gegen Kiel und Magdeburg an. Weitere Niederlagen sind da wahrscheinlich.

Doch wer ernsthaft gedacht hat, dass die Löwen nach all dem Durcheinander der vergangenen Jahre nun einfach so durch die Saison fliegen, als sei all das zuvor nur ein harmloser Ausrutscher gewesen, der muss ein Träumer sein. Vor den Mannheimern liegt noch sehr viel Arbeit. Übrigens auch dann, wenn sie am Sonntag den Pokal gewinnen.

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

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