Seit einiger Zeit taucht im Netz der englische Hashtag, also die Verschlagwortung, „textmewhenyougethome“ auf. Frauen, die auf dem nächtlichen Heimweg sind, kennen diese Nachricht zu gut. Übersetzt heißt sie: Schreib mir, wenn du zuhause bist. Damit der oder die andere am Handy weiß: Sie ist sicher nach Hause gekommen.
Dass der Heimweg ein Ort ist, auf dem Frauen durch Worte zu Objekten degradiert werden, zeigt auch das dort stattfindende Catcalling. Also, dass sie mitten in der Öffentlichkeit regelmäßig sexuell aufgeladene Pfiffe, Rufe und Sprüche zu hören bekommen. Frauen ertragen diese seit Generationen meist in Schockstarre oder ohne verbale Gegenwehr – aus Angst.
Catcalling ängstigt nachhaltig
Klar, die Wirkung von Catcalling ist situationsabhängig: Auf dem belebten Marktplatz ist es schlimm. Aber in der Dunkelheit aus dem Auto heraus „Du hast einen tollen Arsch“ zu hören , ist ein anderes Level. Es kann ängstigen. In Panik versetzen. Und leider leben wir in einer Welt, in der Hass- und Gewaltverbrechen an Frauen auf der Tagesordnung stehen. Daher eben auch „textmewhenyougethome“. Der Grund, warum eine britische Influencerin diesen Satz in den sozialen Netzwerken etablierte, war folgender: Die Britin Sarah E. hatte sich vor kurzem von einer Freundin auf den Nachhauseweg gemacht. Sie wurde entführt und umgebracht, verdächtigt wird ein Elitepolizist. Im Netz ging der Satz „Schreib mir, wenn du daheim bist“daraufhin viral. Menschen und insbesondere Frauen teilten ihre Erfahrungen zum unsicheren Gefühl im öffentlichen Raum – und ihre tradierten Strategien dagegen. Wer die Beiträge liest, muss vor Bitterkeit schlucken.
Was das mit Catcalling zu tun hat? Die Aktivistinnen machen auf die erste Stufe der Degradierung, die verbale, aufmerksam. Und schon lange melden Mannheimerinnen auf dem Kanal mehr als Worte: Vom herausgerissenen Piercing nach einem nicht erwiderten Spruch bis zum Griff zwischen die Beine. Worte sind nur der Anfang. Frauenhass hat viele Gesichter. Machen wir es möglich, weiter auf ihn aufmerksam zu machen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar - Lea Seethaler über Frauenhass mit vielen Facetten Sexismus auf der Straße: Auch in Mannheim nur der Anfang