Kommentar Rechtsanspruch aufs Homeoffice nötig

Der Homeoffice-Boom ist ungebrochen. Leider sind die Beschäftigten noch immer auf die Zustimmung ihres Arbeitgebers angewiesen. Einen Rechtsanspruch auf das Homeoffice gibt es leider nicht, kritisiert Walter Serif

Veröffentlicht
Kommentar von
Walter Serif
Lesedauer

Homeoffice? Die meisten Beschäftigten arbeiten noch immer im Büro oder an der Werkbank – das war übrigens auch während der Pandemie der Fall. Dennoch hat sich das Homeoffice etabliert. Wie das Mannheimer ZEW in einer Studie ermittelt hat, ist dies ein nachhaltiger Trend, der mit dem Übergang zur Endemie nicht enden wird. Natürlich gibt es noch immer Vorurteile in einzelnen Chefetagen, manche Vorgesetzte unterstellen ihren Untergebenen gelegentliche Faulenzerei oder unproduktives Trödeln. Empirisch belegen lässt sich dies nicht. Klar ist dagegen, dass die Bosse ihre Beschäftigten im Homeoffice nicht so leicht kontrollieren und kujonieren können, weil der direkte Zugriff fehlt.

Mehr zum Thema

Studien

Corona hat einen Homeoffice-Schub ausgelöst

Veröffentlicht
Von
Walter Serif
Mehr erfahren

Dem teilweise ambivalenten Verhältnis der Unternehmen zum Homeoffice steht bei den Beschäftigten eine hohe Akzeptanz der Heimarbeit gegenüber. Viele haben Gefallen an diesem Modell gefunden, zu dem ein großer Teil wegen Corona erst gezwungen werden musste. Die Betriebe müssen das akzeptieren. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels können die Arbeitgeber die Konditionen nicht mehr bestimmen, sie müssen sich da auch ein Stück weit an der Work-Life-Balance der Beschäftigten orientieren. Und da gehört vor allem bei der jüngeren Generation das Homeoffice als Option zur Arbeitswelt von heute.

Es bleibt allerdings unverständlich,dass die Beschäftigten unabhängig von Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen zwar einen Rechtsanspruch auf Teilzeit haben – nicht aber auf das Homeoffice, selbst wenn dies im Betrieb objektiv möglich ist. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat sich da leider nicht durchsetzen können. Das ist nicht nur aus Sicht der Beschäftigten bedauerlich. Wie viel CO2 ließe sich einsparen, wenn die Pendler nicht jeden Tag mit dem Auto zur Arbeit fahren müssten? Auch das gehört zu einer Mobilitätswende, die gegenwärtig angesichts des jämmerlichen Zustands des Nahverkehrs eine leere Worthülse ist.

Dass im Homeoffice trotz seiner wachsenden Beliebtheit keine paradiesischen Zustände herrschen, versteht sich von selbst. Gerade in den eigenen vier Wänden ist die Gefahr der Selbstausbeutung verbunden mit Gesundheitsproblemen groß. Auch deshalb ist es ein Segen, dass die Gerichte die Unternehmen zur Erfassung der Arbeitszeit ihrer Beschäftigten verdonnert haben. Der Hinweis der Arbeitgeber auf das Prinzip der Vertrauensarbeitszeit – ein Euphemismus für Überstunden ohne Ende – reicht dann nicht mehr aus. Das gilt übrigens im Homeoffice und im Büro gleichermaßen.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft