Kommentar Politik reagiert zu langsam

In Viernheim fehlen Betreuungsplätze. Gründe dafür sind eine steigende Nachfrage und der massive Fachkräftemangel. Die Politik hat zu langsam reagiert, sagt Wolfram Köhler  

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Wolfram Köhler
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Viernheim. In der Tagesstätte St. Hildegard ist seit dem vergangenen Jahr eine Kindergartengruppe komplett geschlossen. Bei der jüngsten Vergabe der Krippenplätze ging mehr als ein Drittel der Eltern leer aus. Das sind nur zwei Beispiele, die die äußerst angespannte Lage in den Viernheimer Kitas beschreibt. Auszubaden haben es letztlich die Eltern, die – vor allem, wenn sie berufstätig sind – dringend auf die Betreuung ihrer Jüngsten angewiesen sind. Ihre Vorstellungen bleiben immer häufiger unerfüllt – trotz des Rechtsanspruchs.

Stadt und Träger teilen nun öffentlich mit, dass sie am Limit sind, immer weniger Anträge bewilligt werden können. Dies wirkt fast schon wie eine Bankrotterklärung. Vor allem aber reagieren die Verantwortlichen mit der Pressekonferenz auf die zunehmenden Beschwerden aus der Elternschaft, die die Mangelverwaltung täglich zu spüren bekommen. Grund für die Misere sei der allgemeine Fachkräftemangel, von dem Viernheim – wie andere Kommunen auch – stark betroffen sei, so der Tenor. Gemeint ist: Das Problem kommt von außen. Schuld sind im Zweifelsfall andere politische Ebenen.

Tatsächlich fehlt es landauf, landab an Erzieherinnen. Und völlig außer Frage steht, dass die Einrichtungen vor Ort alles nur Erdenkliche tun, um einen ordnungsgemäßen Betrieb zu gewährleisten und den Nachwuchs bestmöglich zu erziehen. Die von Bürgermeister Baaß angestoßene kommunale Initiative ist dabei ein durchaus lobenswerter Weg mit dem Ziel, neue Kräfte für den Erzieherberuf zu gewinnen.

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Wolfram Köhler
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Gleichwohl kommt der Vorstoß spät. Schon vor einem Jahr zeichnete sich durch einen massiven Bevölkerungszuwachs ab, dass es bald sehr eng werden wird in den Kindertagesstätten. Auch bei der räumlichen Ausstattung hinkt die Stadt – obwohl die Kita an der Lorscher Straße noch nicht lange steht – ordentlich hinterher. Fünf kleinere Projekte sollen in den kommenden Jahren bis zu 200 zusätzliche Plätze bringen. Das klingt nach viel, wird aber bei Weitem nicht reichen. Politik reagiert meist zu langsam auf gesellschaftliche Veränderungen – auch in Viernheim. Die Krise bei der Kinderbetreuung wird sich wohl weiter verschärfen. Für die Eltern – und die Wirtschaft – sind das keine guten Aussichten.

Redaktion