Nicht immer besser

Christian Unger findet, dass der digitale Euro neben seinen Vorteilen auch einige Risiken mit sich bringt

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Christian Unger
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Die Menschen lieben Bargeld. Sie zücken beim Bäcker ihr Portemonnaie, bezahlen mit Scheinen im Restaurant, geben Trinkgeld in Münzen. 60 Prozent aller Käufe zahlen die Deutschen an der Kasse bar. Der Anteil der Zahlung mit Bankkarten oder digitalen Bezahldiensten wie PayPal nimmt stetig zu, seit Jahren. Und doch: Die Münze hält sich hartnäckig neben den vielen Kärtchen in der Brieftasche der Käufer. In Portugal, Spanien, Italien, Österreich, Slowenien und Malta zahlen die Menschen sogar noch häufiger bar.

Bargeld hat Vorteile: Es schafft Gefühl für Geld. Wir sehen, wie unser Portemonnaie mit jedem Kauf Scheine verliert, wie es dünner wird. Der Umgang mit Geld ist gefährlich abstrakt, wenn Einkäufe erst einige Wochen später vom Konto der Kreditkarte abgebucht werden.

Bargeld ist auch anonym. Wenn wir einen 50-Euro-Schein in der Hand haben, wissen wir nie, wer ihn vorher verdient hat oder was damit gekauft wurde. Es gibt eine Gruppe, die sich darüber freut: die Kriminellen. Illegales Geld aus Drogengeschäften oder Menschenhandel lässt sich problemlos in Deutschland in Immobilien ummünzen. Der wirtschaftliche Schaden ist immens. Ermittler schätzen, dass 100 Milliarden Euro in Deutschland illegal gewaschen werden, jedes Jahr. Das ist mehr als ein Fünftel des gesamten Bundeshaushalts für das laufende Jahr.

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Was bringt mir der digitale Euro?

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Christian Kerl
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Die EU-Kommission bereitet nun den Weg für den digitalen Euro vor. Jeder EU-Bürger in der Euro-Zone soll die Währung digital besitzen können, auf einem extra Konto, einem digitalen Portemonnaie, dem „Wallet“. Aktuell legt die EU-Spitze einen Gesetzentwurf vor, frühestens 2028 soll die neue Währung kommen.

Die EU will Verbraucherinnen und Verbrauchern damit das Zahlen erleichtern. Europa drängt in einen Markt, den bisher US-Unternehmen dominieren: Kreditkarten-Firmen, genauso wie beliebte digitale Bezahlmodelle wie PayPal. Hier einen unabhängigen europäischen Weg zu gehen, ist richtig. Ein digitaler Euro kann den Innovationsstandort EU stärken – das Geld kann eine datenschutzsichere Variante der digitalen Bezahlmodelle sein.

Auch als Alternative zu einer anderen, riskanten Konkurrenz: Krypto-Währungen wie Bitcoin. Abseits staatlich gesteuerter Finanzmittel boomt seit einigen Jahren der Markt mit verschlüsselten Bezahlmodellen. Der Kurs der Krypto-Währungen ist anfällig, Investitionen riskant. Doch längst wickeln Millionen Menschen ihre Geschäfte mit Bitcoin und Co. ab – unter ihnen ebenfalls organisierte Mafia-Gruppen und Cyberkriminelle.

Dass die EU den Krypto-Währungen mit dem digitalen Euro ein eigenes Internet-Geld entgegenstellt, ist richtig. Zugleich aber nutzt ein solcher Euro nichts, wenn mit ihm im Netz ebenso anonym gekauft werden kann wie bei Krypto-Währungen. Zur Sicherheit gehört Transparenz. Das gilt vor allem für digitale Geldgeschäfte, bei denen sich Verkäufer und Käufer nicht mehr die Scheine übergeben müssen.

Ein digitaler Euro sollte Bargeld nicht ersetzen. Wenn in Bussen das Ticket nur noch mit dem „Wallet“ im Handy bezahlt werden kann, schließt das Menschen aus, die kein Smartphone besitzen. Und gegen Kriminelle hilft eine Obergrenze für Bargeld viel besser. Niemanden stört es, die Brötchen in bar beim Bäcker zu zahlen. Doch eine Million in einem Koffer voller Scheine für eine Immobilie am Stadtrand? Künftig bitte nur noch mit dem digitalen Euro! Aber transparent und datenschutzsicher.

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