Kommentar Neue Siedlung muss ökologisch und sozial werden

Die Konversion vom Werksgelände zur urbanen Siedlung in Neu-Edingen ist eine große Herausforderung, findet Hans-Jürgen Emmerich und fordert auch soziale Ansätze.

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Hans-Jürgen Emmerich
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Edingen-Neckarhausen. Neun Hektar Firmengelände in Neu-Edingen könnten in den kommenden Jahren zu einem neuen Wohnquartier werden. Dort, wo der Unternehmer Fred Joachim Schoeps zeitweise mehr als 2500 Mitarbeiter in seinen Gummiwerken beschäftigt hat, sollen bis zu 1500 Menschen eine neue Heimat finden.

Das ist eine große Chance für die Gemeinde, wie Bürgermeister Florian König es zutreffend formuliert. War das Neubaugebiet Mittelgewann im Jahr 2017 noch durch einen Bürgerentscheid zu Fall gebracht worden, kann Edingen-Neckarhausen hier nun also wachsen. Es ist aber weder Edingen noch Neckarhausen, sondern der kleine Ortsteil Neu-Edingen. Genau darin liegt eine große Herausforderung.

Ein zukunftsfähiges Neubaugebiet muss auch ökologisch und klimafreundlich sein.

Wenn sich diese Siedlung nahezu verdoppelt, dann muss die nötige Infrastruktur passen. Was den öffentlichen Nahverkehr angeht, ist Neu-Edingen mit zwei Bahnhöfen bereits heute gut aufgestellt. In Sachen Kinderbetreuung hingegen sieht es schlecht aus. Deshalb ist es nur konsequent, wenn nun in einem der Neubauten ein Kindergarten entstehen soll.

Wie wär’s mit einer eigenen kleinen Schule?

Aber was ist mit der Schule? Bislang gingen etliche Kinder in den unmittelbar angrenzenden Mannheimer Stadtteil Friedrichsfeld, um lesen, schreiben und rechnen zu lernen. Es gibt heute schon 70 schulpflichtige Kinder in Neu-Edingen. Das kleine Einmaleins reicht, um sich auszurechnen, dass bei einer Verdoppelung der Einwohnerzahl auch die Zahl der Grundschüler auf das Doppelte steigt. Mit dann 140 Kindern könnte locker eine einzügige Grundschule ausgelastet sein, wie das Beispiel des Schriesheimer Stadtteils Altenbach zeigt. Insofern stellt sich die Frage, ob nicht auch eine eigene Schule in dem Areal eingerichtet werden sollte, und sei es als Außenstelle einer vorhandenen. Getreu dem Motto: Kurze Beine, kurze Wege. Es wäre nicht zuletzt im Sinne einer klimafreundlichen Mobilität, wenn die Kinder zu Fuß oder mit Rad oder Roller zur Schule kommen können, statt mit dem Bus oder schlimmer noch mit dem Elterntaxi fahren müssten.

Ein zukunftsfähiges Neubaugebiet muss auch ökologisch und klimafreundlich sein. Alles, was bisher bekannt ist, deutet darauf hin, dass die Planer darauf achten. Viel Grün zwischen den Häusern und die Autos an den Rand oder unter die Erde verbannt, das verspricht den Bewohnern auch bei sommerlicher Hitze erträgliche Temperaturen.

Wohnungen dürfen nicht nur Luxus sein

Bleibt die Frage, wer sich eine Wohnung oder gar ein Haus in dem schicken Quartier leisten kann. Bislang ist offenbar kein sozialer Wohnungsbau hier vorgesehen, doch genau das braucht es angesichts der Wohnungsnot. Zwar hat die Gemeinde kein Eigentum auf dem Gelände, aber sie hat das Heft des Handelns in der Hand. Bei einem Projektvolumen von vorsichtig geschätzt mehr als 200 Millionen Euro muss es möglich sein, einen angemessenen Anteil der Wohnungen preisgebunden anzubieten. Das wäre sicher auch im Sinne von Fred Joachim Schoeps, der als sozialer Unternehmer an diesem Standort einst Maßstäbe gesetzt hat. Denn auch für die Projektentwickler gilt Artikel 14 des Grundgesetzes: Eigentum verpflichtet.

Redaktion Aus Leidenschaft Lokalredakteur seit 1990, beim Mannheimer Morgen seit 2000.

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