Kommentar Nach dem FIFA-Eklat: Das Maß ist voll - Revolution jetzt!

Die FIFA untersagt Manuel Neuer und weiteren europäischen Spielführern das Tragen der "One Love"-Binde. Für "MM"-Redakteur Jan Zurheide ein Tiefpunkt, der fassungslos macht. Der DFB hat eine historische Chance verpasst

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Jan Zurheide
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Selten hat man solch klare Worte von DFB-Funktionären gegenüber der FIFA gehört und selten so deutlich spürbaren Frust über den Weltverband vernommen. Aber wann gab es auch schon mal einen Eklat wie diesen? Das Vorgehen der FIFA ist, um bei den Worten von DFB-Sportdirektor Oliver Bierhoff zu bleiben, in der Tat beispiellos.

Es dreht sich um die simple Frage, ob sieben Mannschaftskapitäne bei der WM in Katar eine Spielführerbinde tragen dürfen, die für Toleranz und Vielfalt steht. Dass sich ein Weltverband öffentlich gegen diese Botschaft stellt, macht fassungslos. Selbst bei der FIFA, von der man ja schon so einiges gewohnt ist.

Präsident Gianni Infantino stellt sich schamlos lieber auf die Seite der Gastgeber und ihrer antiquierten Ansichten als auf die der Menschlichkeit und Toleranz. Einmal mehr zeigt er damit, wie schlimm es um diesen Verband und seine Führungsfigur bestellt ist. Spätestens jetzt muss eigentlich der Moment der Revolution da sein. Die Fußballverbände, die es ernst meinen mit immer wieder betonten Werten wie Respekt, Toleranz und Menschlichkeit, müssen sich nun konsequent gegen Infantino und seinen Verband stellen. Das Maß ist voll!

Historische Chance vertan

Andeutungen hat DFB–Präsident Neuendorf schon gemacht, indem er auf weitere Schritte bei dem im März anstehenden FIFA-Kongress verwies. Es bleibt jedoch zu hoffen, dass die Fußballfans für Zeichen gegen die FIFA und für mehr Toleranz nicht bis März warten müssen, sondern dass sie diese noch bei diesem WM-Turnier erleben dürfen.

Die Chance auf das stärkste Zeichen – nämlich das Beibehalten der „One Love“-Binde unter Inkaufnahme sportlicher Sanktionen – wurde nicht genutzt. Es war eine historische Chance. Denn ob es die FIFA dann wirklich zum vollkommenen Eklat hätte kommen lassen und in letzter Konsequenz Stars wie Manuel Neuer, den englischen Kapitän Harry Kane oder den niederländischen Spielführer Virgil van Dijk vom Feld gestellt hätte, ist fraglich. Für das Hochglanzprodukt WM ist die FIFA auf eben jene Stars angewiesen.

Zumindest hätten die europäischen Verbände dadurch den Druck an die FIFA zurückgeben können. Dass sie das nicht taten, ist bedauerlich, denn sportlicher Erfolg sollte keine Priorität vor nicht verhandelbaren Werten haben. Auch wenn mehr denn je klar wurde, dass diese Werte für die FIFA durchaus verhandelbar sind.

Redaktion Editor der Sportredaktion

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