Journalisten ziehen nach 100 Tagen gerne eine erste Bilanz, wie sich Politiker im neuen Amt so schlagen. Bei Thorsten Riehle stellt sich diese Frage vielleicht besonders. Denn es war ja nicht seine erste Priorität, Bürgermeister für Wirtschaft, Arbeit, Soziales und Kultur zu werden. Er wollte eigentlich mehr, kandidierte vergangenes Jahr als Oberbürgermeister - und musste eine knappe und aus SPD-Sicht bittere Niederlage gegen CDU-Bewerber Christian Specht einstecken. Die SPD nominierte Riehle daraufhin für das Dezernentenamt - und somit ist er an diesem Dienstag seit exakt 117 Tagen Bürgermeister. Und Specht sein Chef.
Die erste Bilanz: Thorsten Riehle ist gut im neuen Amt angekommen
Der frühere Kulturmanager Riehle ist gut im neuen Amt angekommen. Klar, die super Zahlen, die er zu Beginn verkünden durfte - die hohe Zahl sozialversicherungspflichtig Beschäftigter und die großen Investitionen ausländischer Firmen in Mannheim - stammen von vor seinem Amtsantritt. Und bei der Abstimmung um verkaufsoffene Sonntage im Gemeinderat ist es ihm nicht gelungen, dass die SPD-Fraktion für die von der Verwaltung geplanten zwei Sonntage votierte.
Doch sein Drang zum Gestalten prägt den Start deutlich: So hat sich Riehle früh dafür eingesetzt, dass es auf dem einstigen Buga-Gelände Kulturveranstaltungen geben soll, für die sich auch Specht aussprach und die ab September kommen. Ohnehin ist Riehle - im positiven Sinne - wie ein Oberbürgermeister unterwegs. Sprich: Er verliert sich nicht im Klein-Klein des Alltags, sondern denkt Themen in größeren Zusammenhängen. Das wird auch im „MM“-Interview deutlich. Dort führt er aus, wie er die Breite Straße attraktiver machen will und wie Deutschland mit der Integration von Geflüchteten umgehen sollte. Am Ende ist die Umsetzung entscheidend - aber die Ideen sind vielversprechend.
Was ist der angemessene Preis für eine Theaterkarte?
Beim „MM“-Stadtgespräch zur Kulturfinanzierung hat der Dezernent ebenfalls einen spannenden Gedanken in die Debatte gebracht. Die Eintrittspreise für Kultureinrichtungen seien zu günstig, kritisierte er. Man müsse darüber nachdenken, ob man über ein Solidaritätssystem erreichen könnte, dass manche Nutzer freiwillig mehr bezahlten. Der Begriff „günstig“ ist zwar relativ - gleichwohl ist damit eine wichtige Diskussion angestoßen: In Zeiten mit weniger Geld in der städtischen Kasse ist es umso mehr geboten, dass sich der Gemeinderat die Einnahmen-, aber auch die Ausgabenseite der Kultureinrichtungen genau anschaut. Dazu gehört - etwa beim Nationaltheater - auch das Thema Auslastung.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Mannheims neuer Bürgermeister Thorsten Riehle: Groß denken, statt sich im Klein-Klein zu verlieren
Seit mehr als 100 Tagen ist der SPD-Politiker Thorsten Riehle Mannheimer Dezernent für Wirtschaft, Arbeit, Soziales und Kultur. Er ist bisweilen wie ein Oberbürgermeister unterwegs, findet Timo Schmidhuber