Der Befund ist eindeutig und längst Allgemeingut: Die Demokratie ist unter Druck, auch in Deutschland. Allenthalben verkünden Politiker daher in Sonntagsreden, die politische Bildung müsse intensiviert werden. Irgendwie erscheint das jedoch als Heuchelei. Denn was derzeit geschieht, mit Auswirkungen auch vor Ort auf die Heidelberger Ebert-Gedenkstätte, ist genau das Gegenteil. Das ist kurzsichtig, ja möglicherweise verhängnisvoll.
Zwar trifft es die Heidelberger Einrichtung nicht so dramatisch wie die Goethe-Institute im Ausland. Denn Trägerin der Ebert-Gedenkstätte ist eine Bundesstiftung, geschaffen durch ein im Bundestag beschlossenes Gesetz. So einfach dichtmachen können Sparwütige à la Lindner & Co. sie nicht. Aber ihr das Leben schwer machen durchaus. Die Folgen zeigen sich bereits. Aktivitäten, vor allem wichtige Publikationen, müssen verschoben werden.
Das ist umso misslicher, als diese Stiftung eine ausgezeichnete Arbeit leistet. Ihre Aktivitäten sind inhaltlich am Puls der Zeit und in der Umsetzung hochprofessionell, in der Führung ist hin zum versierten Bernd Braun der Generationswechsel gelungen, in der zweiten Reihe sind neue Gesichter aktiv, die auch digitale Wege beschreiten, um junge Leute anzusprechen.
Dass die jetzigen Einsparungen nicht von einer konservativen Regierung kommen, sondern von einer unter Führung der SPD, die sich dem Erbe Eberts und der sozialen Demokratie doch verpflichtet fühlen muss, das ist völlig unverständlich. Übrigens auch und gerade für jene, die in der Stiftung engagiert sind und die - mit diesem Befund tritt man ihnen sicher nicht zu nahe - der SPD nicht fernstehen.
In der Stiftung geht es ohnehin nicht darum, einen bestimmten Politiker zu verherrlichen. Ebert steht vielmehr für alle Demokraten in seiner Zeit, die damals oft angegriffen wurden - ähnlich wie die Demokratie und ihre Repräsentanten heute. Dies bewusst zu machen, ist gerade jetzt wichtig.
Auch die Stadt Heidelberg ist zur Unterstützung der Stiftung gefordert. Denn für die Stadt ist dieser Leuchtturm der Erinnerungskultur auch ein Aushängeschild. Zu Eberts 100. Todestag 2025 ist der Bundespräsident eingeladen. Man muss kein Prophet sein, um zu erahnen, dass er dann eines betonen wird: die Bedeutung politischer Bildungsarbeit.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Politische Bildung Keine Kürzungen bei Gedenkstätten!
Auch politische Bildungsarbeit und Gedenkstätten sind derzeit von den Sparmaßnahmen des Bundes betroffen. Dies ist gerade in der jetzigen politischen Situation völlig falsch, findet Konstantin Groß