Mehrere tausend Menschen wurden zum Demokratiefest auf dem Ehrenhof erwartet. Bis zu 800 kamen tatsächlich, lautet die Schätzung der Veranstalter. Es wirkte auf dem weitläufigen Ehrenhof zeitweise wie ein Trauerspiel: Nahezu leergefegte Stände, schwach besetzte Bierbänke, Musik, der wenig Beachtung geschenkt wird, Veranstalter und Unterstützer im Großen und Ganzen unter sich. Immer wieder kreuzen Studenten den Platz, froh über eine zusätzliche, günstige Essensmöglichkeit, aber doch unschlüssig, welche Richtung die Veranstaltung nimmt.
Auf kleineren Plätzen würde die Veranstaltung kein schlechtes Bild abgeben, in der prallen Sonne auf dem Ehrenhof wirkte sie dagegen eher wie ein Fiebertraum eines jeden Veranstalters. Zumindest, wenn man bedenkt, dass hier anlässlich „75 Jahre Grundgesetz“ die Demokratie gefeiert werden sollte. Oder, wenn man die Kundgebung als Art Gegenveranstaltung zu Sylt betrachtet. Dort tolerierte eine beachtliche Menge ausländerfeindliche Parolen. In Mannheim kommen nur wenige auf den Ehrenhof, um zu signalisieren, wie wichtig ihnen Demokratie ist.
Dass es auch in Mannheim möglich ist, 20 000 Menschen auf die Straße zu bringen, wenn es um Demokratie und ein Zeichen gegen Extremismus geht, hat die „Nie wieder ist jetzt!“-Kundgebung am 27. Januar gezeigt. Alltag ist das aber nicht. Alltag ist, dass Demokratie als viel zu selbstverständlich erachtet wird, monieren die Veranstalter mit Recht.
Eines scheint klar zu sein: Eine Auseinandersetzung mit Demokratie ist nicht die liebste Freizeitbeschäftigung vieler. Das Stadtfest schon eher - mit dem die Kundgebung auf dem Ehrenhof natürlich große Konkurrenz hatte. Der schwache Andrang zeigt, dass sich noch vieles ändern muss, um mit Gewissheit behaupten zu können, dass unsere Demokratie zukunftsfest bleibt. Sei es durch solche Veranstaltungen, die immer wieder zur Vorsicht mahnen und mehr Leute zum Wählen animieren wollen - oder sei es auch mit einem Schulfach „Demokratie“.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Kein Interesse am Mannheimer Demokratiefest? Erschreckend!
Deutlich weniger Menschen als von den Veranstaltern erhofft sind am Samstag auf den Ehrenhof gekommen, um die Demokratie zu feiern. Generell wird die von vielen als viel zu selbstverständlich gesehen, kommentiert Kilian Harmening.