Katastrophe für die NTM-Oper

Stefan M. Dettlinger zum Nationaltheater in der Notlage ohne Opal

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Stefan M. Dettlinger
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Der Schlamassel um den Baustopp neben dem Technoseum ist kein Stoff für den Tragödienschreiber. Dazu bekommt der Außenstehende zu wenig Einblick ins Menschliche, ins Wirken der Akteure bei der Organisation rund um die Sanierung des Spielhauses am Mannheimer Goetheplatz. Gab es Versäumnisse? Hat man von Beginn an naiv geplant nach dem Motto: Na, das kriegen wir schon irgendwie hin? Hat man die Komplexität des Auszugs und Bespielens von Ersatzspielstätten, ja, des Baus einer neuen Heimat unterschätzt? Warum konnte nicht alles funktionieren wie 2006 bei der Sanierung des Theater Heidelberg, als GMD Cornelius Meister nach Auszug aus dem Theater die Spielzeit in einem formidablen Opernzelt pünktlich mit einer neuen „Zauberflöte“ eröffnete?

Wir wissen es nicht. Und in der globalen Gemengelage mit ihren zahlreichen Dilemmata – von Corona, Ukrainekrieg und Energiekrise bis hin zu den weltweiten Lieferschwierigkeiten durch die chinesische Null-Covid-Strategie – da läuft die Suche nach Fehlern und Schuldigen ganz klar auf ein Stochern im Nebel hinaus. Die Frage, wer im Vorfeld wann was wie hätte tun sollen oder müssen für einen reibungslosen Ablauf – sie beantwortet man am besten mit dem recht dadaistischen Hätte-hätte-Fahrradkette.

Das Ergebnis aber, das lässt sich trotz aller Unübersichtlichkeit auch von außen beurteilen. Es. Ist. Katastrophal. Punkt. Das Bespielen der Schildkrötfabrik ändert daran wenig. Albrecht Puhlmanns doch recht riesige Opernsparte – der mit Abstand größte und teuerste Bereich am Nationaltheater – steht nun in Schwetzingen, Ludwigshafen und diversen Mannheimer Stadtteilen als bittstellender und bedürftiger Mietinteressent da. Dafür ist der Intendant nicht zu beneiden. Zudem bekommt er Druck nicht nur vom Publikum, das das Haus ja doppelt finanziert (mit Steuer- und Eintrittsgeldern), sondern auch aus dem Theater selbst. Vielleicht ließe sich daraus dann doch noch eine Tragödie schreiben. Titel: „Der Schlamassel – Geschichte einer Sanierung“.

Ressortleitung Stefan M. Dettlinger leitet das Kulturressort des „MM“ seit 2006.