Kommentar Immer mehr Nichtschwimmer: Eltern schieben Verantwortung ab

"MM"-Redakteur Stephan Alfter über schließende Schwimmbäder und die Frage, wer den Kindern das Schwimmen beibringen sollte

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Stephan Alfter
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Das Seepferdchen. War das für die meisten von uns nicht die erste reale Prüfung nach dem Beginn unserer irdischen Existenz? Die erste gechlorte Erinnerung, ehe der Ernst des Lebens auf der harten Schulbank begann? Und waren es nicht meist unsere Eltern oder Großeltern, die uns die Grundkenntnisse des Brustbeinschlags und den Armzug beim Kraulen erklärten? Das ist heute anders, wie bei einem Termin mit der rheinland-pfälzischen Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) am Montag in Ludwigshafen deutlich wurde.

Heute melden Eltern ihre just geborenen Säuglinge beim Schwimmkurs an - in der Hoffnung, dort fünf Jahre später einen Platz zu haben. Anderen Eltern ist es sogar ganz egal, ob ihre Zöglinge jemals richtig schwimmen lernen. So zu beobachten am Samstag in einem Freibad, wo ein etwa 15-jähriger Junge die Pfotenbewegungen eines Hundes nachahmte, um nicht unterzugehen.

Jedes dritte Kind kann nach der Grundschule kaum schwimmen

Schwimmbäder - vor allem in ländlichen Gegenden - schlossen in den vergangenen Jahren oft ersatzlos und für den Schwimmunterricht in der Grundschule stehen weniger Lehrkräfte zur Verfügung. Klamme Kommunen und der demografische Wandel werden hier sichtbar. Geschlossene Becken haben in der Corona-Zeit ebenso dazu beigetragen, dass es in Deutschland so viele Nichtschwimmer gibt wie lange nicht. Jedes dritte Kind kann sich nach der Grundschule kaum über Wasser halten, so die bittere Diagnose des DLRG etwa für Rheinland-Pfalz, wo man schon über Bau-Container als Schwimmhallenersatz grübelt.

Verbitterte Populisten werden sagen: Für militärische Selbstverteidigung gibt der Staat mehr Geld aus, während er unsere Kinder ersaufen lässt. Ihnen mag man zurufen, dass diese Gesellschaft endlich wieder mehr Eigenverantwortung lernen muss. Das gilt auch für Flüchtlinge, deren Kinder oft Nichtschwimmer sind. Nicht alles kann der Staat übernehmen. Schwimmen ist wie laufen - überlebenswichtig. Und deshalb zuvorderst ein Job für Eltern, die manchmal einfach abtauchen.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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