Kriminalität Gewalt gegen Frauen stoppen

Stefanie Ball mahnt, dass häusliche Gewalt nicht Ausnahme, sondern für viele Frauen Alltag ist. Sie fordert mehr Aufmerksamkeit dafür und mehr Geld für Beratungsstellen, die den Opfern helfen

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Stefanie Ball
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An jedem dritten Tag im Jahr tötet in Deutschland ein Mann seine (Ex-)Ehefrau, (Ex-)Lebensgefährtin, (Ex-)Freundin – weil die ihn nicht mehr liebt. Die Frauen werden erschlagen, erstochen, erwürgt. So wie eine 36-jährige Mannheimerin Anfang Juni. Es ist eine schreckliche Tragödie, die aber, und das ist mindestens genauso tragisch, lange vor jener Nacht begann. Ein Intimizid, der vielleicht hätte verhindert werden können.

Hilfe bei häuslicher Gewalt

Wenn Sie oder Ihnen nahestehende Frauen von häuslicher Gewalt betroffen sind, finden Sie an folgenden Stellen Hilfe: 

  • Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ berät von häuslicher Gewalt Betroffene, Angehörige, Freundinnen und Fachkräfte. Erreichbar ist das Hilfetelefon unter der Rufnummer 08000 - 116 016. Weitere Informationen gibt es hier. 
  • Das Mannheimer Frauenhaus bietet Frauen und deren Kindern Schutz in akuten Gewaltsituationen. Telefonisch ist das Frauenhaus unter der Rufnummer 0621 - 74 42 42 erreichbar. Weitere Informationen finden Sie hier.
  • In der Gewaltambulanz der Uniklinik Heidelberg werden kostenlos Spuren von Gewalttaten gesichert. Sie ist 24 Stunden erreichbar. Es besteht keine Anzeigepflicht. Telefonisch ist die Gewaltambulanz unter der Rufnummer 0152 -  54648393 erreichbar. Weitere Informationen gibt es hier. 

Denn nicht in jedem Fall, aber oft gibt es eine Gewaltvorgeschichte, die – und das ist ein Problem – nicht immer polizeilich registriert wird. Weil die Frauen sich scheuen, gegen ihre Lebensgefährten Anzeige zu erstatten. Weil sie sich schämen, ihre Wunden einem Arzt zu zeigen. Häusliche Gewalt hat doch nichts mit ihnen zu tun, das ist was fürs Trash-TV. Manchmal, das ist das nächste Problem, sind die Männer gegenüber ihren Partnerinnen nie handgreiflich geworden. Der Beziehungsmord scheint aus dem Nichts zu kommen.

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Ein fataler Irrtum. Die Taten sind eiskalt geplant. Wie bei einem Amoklauf. Die Tötung des Intimpartners ist keine spontane Affekthandlung. Es gibt Warnsignale, die die Tat ankündigen. Die Täter drohen ihrer Partnerin, sie umzubringen oder sie erzählen davon Dritten; sie beschäftigen sich mit ähnlichen Taten, planen die Tat. Die Hochschule der Polizei erarbeitet gerade in einem Projekt genau diese Merkmale, die ein drohendes Tötungsdelikt vorhersagen könnten. Leaking nennt sich das.

Hilfe bei Suizidgedanken

Normalerweise berichten wir nicht über Suizide. Dies gibt der Pressekodex vor. Ausnahmen sind zu rechtfertigen, wenn es sich um Vorfälle von erhöhtem öffentlichen Interesse handelt. Wenn Sie verzweifelt sind und in einer bedrückenden Lebenssituation keinen Ausweg sehen: Suchen Sie sich Hilfe. Das kann ein Gespräch mit Angehörigen oder Freunden sein, oder professionelle Unterstützung:

  • Das Mannheimer Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) bietet einen Notdienst für Menschen in psychischen Krisen an, der rund um die Uhr besetzt ist. Die telefonische Erreichbarkeit erfolgt unter der Nummer 0621 / 1703-7777. Die Erreichbarkeit vor Ort: J5, Therapiegebäude, Erdgeschoss, separater Eingan neben dem Haupteingang.
  • Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention bietet ein Info-Telefon an, das unter der Rufnummer 0800 / 33 44 533 zu erreichen ist. Weitere Informationen finden Sie hier.
  • Die Telefonseelsorge ist 24 Stunden unter der Rufnummer 0800 1110111 erreichbar. Weitere Infos zur Telefonseelsorge gibt es hier.
  • Caritas Deutschland bietet eine online eine Beratung für suizidgefährdete junge Menschen (U25) an. Weitere Infos gibt es hier.
  • Hilfe – auch in türkischer Sprache – bietet das muslimische Seelsorge-Telefon "MuTeS" unter 030/44 35 09 821. Die Mitarbeiter dort sind 24 Stunden am Tag erreichbar. Weitere Infos dazu finden Sie hier.

Neben verbesserter Analyseinstrumente, um Hochrisikofälle zu identifizieren, braucht das Thema aber erstens: mehr Aufmerksamkeit. Zweitens: mehr Geld. Beratungsstellen, die Frauen in Not helfen, leiden unter chronischer Unterfinanzierung. Die Politik ist in der Pflicht, die Frauen zu schützen – und der Schutz fängt mit dem Beratungsgespräch an. Häusliche Gewalt ist ein hässliches Thema, es ist schambesetzt – und es scheint so fern. Dabei zieht es sich durch alle Gesellschaftsschichten und findet tagtäglich statt. Womöglich gleich nebenan.

Freie Autorin