Kommentar Freibäder sind kein Luxusgut

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Stefanie Ball
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Noch zwei Wochen sind Mannheims Freibäder geöffnet, doch schon jetzt zeichnet sich ab: Die Saison wird durchwachsen sein. Das liegt zum einen am ebenso durchwachsenen Wetter in den Ferien. Zum anderen haben Freibäder und Seen zuletzt an Anziehungskraft verloren.

Die Menschen strömen nicht mehr so selbstverständlich wie früher ins Freibad, vielleicht ist Schwimmen generell nicht mehr so angesagt, das Drei-Meter-Brett konkurriert mit (vermeintlich) spannenderen Freizeitangeboten, und in den Corona-Jahren haben es sich die Menschen in ihren privaten Urlaubsoasen bequem eingerichtet, inklusive Pool – die verlassen sie nur ungerne. Zumal wenn die Freibäder mit Schlägereien und Übergriffen negative Schlagzeilen produzieren, die Massenschlägerei im Herzogenriedbad hat es gar bis in die Tagesthemen geschafft.

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Stefanie Ball
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Für die Kommunen eine Steilvorlage, um über die Schließung einzelner Einrichtungen nachzudenken. Öffentliche Bäder sind ein Zuschussbetrieb, die Eintrittsgelder sind nur – um in der Thematik zu bleiben – ein Tropfen auf dem heißen Stein. Weil Sport- und Kulturangebote zur freiwilligen Leistung einer Kommune gehören, stehen sie sowieso immer im Fokus, sobald der Rotstift angesetzt werden muss. Beim Blick auf den Investitionsrückstand – die Kreditanstalt für Wiederaufbau beziffert ihn bei den Bädern auf 8,5 Milliarden Euro – dürfte es den Stadtkämmerern schwerfallen, einen kühlen Kopf zu bewahren.

Doch Frei- wie Hallenbäder sind keine Luxusgüter, sie sind ein wichtiger Teil der sozialen Daseinsvorsorge. Sie sind Orte der Erholung, denn nicht jeder kann sich im Sommer einen teuren Urlaub leisten. Sie dienen der Gesundheitsfürsorge, laut Studien spart jeder Euro, der in Bäder investiert wird, später Ausgaben im Gesundheitswesen. Sie dienen auch dem sozialen Miteinander, was dringend nötig ist, siehe oben: sommerliche Schlägereien.

Sicher schwimmen zu erlernen, ist zudem eine Kernkompetenz, die in allen Bildungsplänen enthalten ist. Doch dafür brauchen die Schulen: ein Bad. Was passiert, wenn Bäder schließen, wie es in der Corona-Pandemie lange der Fall war, ist bekannt. Die Schwimmfähigkeiten gehen verloren. Heute kann jedes fünfte Grundschulkind nicht schwimmen, doppelt so viele wie 2017.

Sinkende Besucherzahlen sind darum ein Signal – dafür zu sorgen, dass jeder schwimmen lernt. Vielleicht gehen dann auch wieder mehr Menschen in die Bäder. Und ganz sicher lassen sich nur so schreckliche Ertrinkungsfälle vermeiden.

Freie Autorin