Festveranstaltungen in Krisenzeiten - Leben muss weitergehen

Peter W. Ragge zu Mess und Lichterzauber in Krisenzeiten

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Peter W. Ragge
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Beim Bad Dürkheimer Wurstmarkt haben sich gerade Tausende Menschen gut gelaunt zugeprostet und beim Altstadtfest Ladenburg drängten sich die Menschen ebenso wie bei diversen Vorort-Kerwen in Mannheim. Der Bedarf ist also da. Nun kommt der Heidelberger Herbst, das Weinlesefest in Neustadt und auch die Mannemer Oktobermess. Und – hoffentlich – bald die Weihnachtsmärkte.

Kann das sein? Darf das sein? Ausgelassene Feiern angesichts eines mitten in Europa wütenden, sich durch die russische Mobilmachung womöglich verschärfenden Angriffskrieges in der Ukraine? Dazu gewaltiger Energieverbrauch durch tausende bunt funkelnder Lichter an Fahrgeschäften und Buden?

Ja, das kann sein, das darf sein, das muss sogar sein.

Natürlich ist der Krieg gut 2000 Kilometer entfernt von Mannheim bitter und brutal. Aber würde der russische Diktator Wladimir Putin nicht nur in den von seinen Truppen eroberten Gebieten das freiheitliche Leben auslöschen, sondern auch bei uns, dann hätte er sein Ziel erreicht. Der Westen muss alles tun, dass in der Ukraine bald wieder in Frieden und Freiheit gefeiert werden darf. Aber es hilft dort nicht, wenn wir hier bei uns deshalb alles kulturelle, gesellschaftliche, fröhliche Leben im Keim ersticken. Im Gegenteil: Es trägt zur Resilienz, sprich der Fähigkeit zur psychischen wie materiellen Krisenbewältigung bei, wenn die Menschen auch mal abschalten, sich erholen und selbst in schweren Zeiten Spaß haben können.

Und bei aller Notwendigkeit, Energie einzusparen – es wäre ebenso völlig übertrieben, alle Städte weitgehend dunkel zu machen, auf bunt flackernde Scheinwerfer von Fahrgeschäften der Mess, auf beleuchtete Weihnachtsmarktbuden oder Lichterketten an Weihnachten zu verzichten. Da es sich ganz überwiegend um energiesparende LED-Leuchten handelt, ist das weitgehend Symbolpolitik ohne maßgebliche Einsparwirkung, aber mit weit mehr Verlust von Lebensqualität und Sicherheit.

Redaktion Chefreporter