Einen solchen Paukenschlag hat es in der Mannheimer Politik schon lange nicht mehr gegeben. Man wird ihn noch weit über die Stadtgrenzen hinaus mit Interesse vernehmen. Immerhin ist Peter Kurz auch Präsident des baden-württembergischen Städtetags und im vergangenen Jahr zum „Weltbürgermeister“ gekürt worden. Sein Verzicht auf eine erneute Kandidatur im nächsten Juni kommt für viele überraschend. Egal, was man von Kurz und seiner Politik halten mag: Seiner persönlichen Entscheidung gebührt hoher Respekt.
Besonders seit Beginn der Pandemie sind die Belastungen, die man als Oberbürgermeister wohl aushalten muss, enorm gestiegen. Dass sich Kurz dies keine weiteren acht Jahre – zusammen mit seiner restlichen Amtszeit fast neun – antun will, ist verständlich. Zumal sich dem gerade 60 Gewordenen nun noch die Chance bietet, mal etwas ganz anderes zu machen. Auch wenn Kurz hierzu noch keine konkreten Pläne haben mag, wie er sagt.
Widder bleibt alleiniger Rekordhalter
- Oberbürgermeister werden in Baden-Württemberg für acht Jahre gewählt. Erhält im ersten Wahlgang keiner mehr als 50 Prozent, gibt es einen zweiten, bei dem die einfache Mehrheit reicht.
- Bei der Wahl 2015 gewann Sozialdemokrat Peter Kurz im zweiten Durchgang mit 52 Prozent vor seinem CDU-Herausforderer Peter Rosenberger (44,9 Prozent). Der parteilose Christian Sommer bekam 2,9 Prozent. Christopher Probst von den Freien Wählern, der im ersten Wahlgang fast 16 Prozent geholt hatte, trat im zweiten nicht mehr an.
- Da Kurz auf eine dritte Kandidatur verzichtet, bleibt sein Vorgänger und Parteigenosse Gerhard Widder mit einer Amtszeit von 24 Jahren alleiniger Rekordhalter.
- Abgesehen von NSDAP-Mann Carl Renniger (1933 bis 1945) und dem parteilosen Hans Reschke (1956 bis 1972) gab es in Mannheim erst ein Stadtoberhaupt, das nicht von der SPD gestellt wurde: von 1945 bis 1948 den Christdemokraten Josef Braun. sma
Bisherige Bilanz beachtlich
Für eine Bilanz seines Wirkens ist es ebenfalls noch zu früh. Maßgeblich werden da auch das Gelingen der Buga, die Nationaltheater-Sanierung und die noch ungeklärte Zukunft des Klinikums sein. Gleichwohl lässt sich – jedenfalls aus parteipolitisch neutraler Warte – konstatieren, dass die bisher 15 Jahre unter Kurz Mannheim vorangebracht haben. Er hat die Modernisierung der Industriestadt und ihre Öffnung hin zu einigen vielversprechenden neuen Bereichen erfolgreich vorangetrieben. Als Beispiel seien Medizintechnik, Gründerszene und Konversionsflächen genannt. Auch die ambitionierten Klimaziele und die vielfältige internationale Vernetzung sollte man ihm zugute halten.
Und nun ist dem Sozialdemokraten auch noch gelungen, was die wenigsten Mächtigen schaffen: aus freien Stücken zu einem Zeitpunkt zu gehen, an dem sie das noch keineswegs müssen. Eine weitere Kandidatur wäre recht aussichtsreich gewesen, vermutlich hätten sie auch die Grünen erneut mitgetragen.
Jetzt indes werden die Karten im Wahlkampf schlagartig neu gemischt. Als stärkste Fraktion im Gemeinderat dürfte die Ökopartei in jedem Falle eine eigene Bewerberin aufstellen. Für die SPD geht voraussichtlich Thorsten Riehle ins Rennen, der bestens vernetzte Capitol-Chef hätte sicher seine Chancen. Und bei der CDU richten sich viele Augen auf Christian Specht, ob der Erste Bürgermeister nun wohl zur Kandidatur bereit ist. In der Mannheimer Politik hat gerade eine sehr spannende Zeit begonnen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Entscheidung von Peter Kurz gebührt hoher Respekt
Mit seinem überraschenden Verzicht auf eine erneute Kanidatur im nächsten Jahr ist dem Mannheimer Oberbürgermeister Peter Kurz gelungen, was nicht viele Mächtige schaffen. Steffen Mack findet das sehr beachtlich