Eine Anlaufstelle, bei der man Heroin, Kokain oder Amphetamin auf mögliche Verunreinigungen testen lässt, bevor man es einnimmt? Die Idee, die der Mannheimer Drogenverein mit anderen Partnern im Land umsetzen will, ist gewöhnungsbedürftig. Schließlich sind die Rauschmittel wegen ihrer Gesundheitsgefahren nicht ohne Grund verboten. Und in der Tat: Ein solches „Drug Checking“ ist ein weitgehender Schritt in der Strategie, die Fachleute „akzeptierende Drogenarbeit“ nennen. Dennoch ist ein solches Projekt durchaus eine Überlegung wert. Denn es folgt dem Prinzip: Drogenkonsum lässt sich im Zweifel nicht verhindern – deshalb muss es darum gehen, die Konsumenten vor Verelendung und Tod zu schützen. 13 Drogentote wie im vergangenen Jahr in Mannheim sind zu viele.
In manchen anderen Ländern wird „Drug Checking“ bereits praktiziert. Sicher, beim Drogenkonsum passiert viel impulsiv. Selbst wenn die Gelegenheit besteht, wird es wohl die Minderheit sein, die eine Substanz erst überprüfen lässt, ehe sie sie einnimmt. Doch die Erfahrungen in anderen Ländern haben gezeigt: Einen Teil der Konsumenten erreicht man doch. Und Berater berichten, dass es auch Konsumenten gibt, die Drogen sehr kalkuliert nehmen. Sie könnte „Drug Checking“ vor verunreinigten und so besonders gefährlichen Substanzen schützen.
Vor ein paar Jahren wurde in Mannheim ein Projekt diskutiert, das zwar nur bedingt vergleichbar ist, aber für viele ähnlich gewöhnungsbedürftig klang. Um Trinker von der Straße wegzubekommen und ihnen besser Hilfsangebote machen zu können, sollte ein Haus eingerichtet werden, in dem sie ihren Alkohol konsumieren können. Mittlerweile kann man das Café Anker im Jungbusch durchaus als Erfolgsgeschichte bezeichnen. Klagen über Trinker in der Fußgängerzone gibt es jedenfalls kaum noch. Und Caritas und Drogenverein konnten so manchen Betroffenen an Hilfsstellen – etwa für die Wohnungssuche – vermitteln.
Bis „Drug Checking“ in Mannheim womöglich Wirklichkeit wird, steht aber erst noch die Entscheidung über ein anderes wichtiges Kapitel der akzeptierenden Drogenarbeit an: Die Einrichtung eines Konsumraums für Heroinabhängige. Die Stadtverwaltung will ihn, bald soll der Gemeinderat darüber entscheiden. Ein solcher Raum ist wichtig, damit der Konsum in Unterführungen und Parkhäusern aufhört. Das wäre nicht nur für Passanten gut, sondern vor allem für die Abhängigen selbst.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar "Drug Checking" in Mannheim: eine Überlegung wert
Drogenkonsumenten das kostenlose Angebot zu machen, ihre Substanzen auf Verunreinigungen testen zu lassen, ist eine gewöhnungsbedürftige Idee. Aber sie kann die Zahl der Drogentoten senken, findet Timo Schmidhuber