Um die Tragweite dessen zu begreifen, was Arminia Bielefeld in dieser Saison im DFB-Pokal erreicht hat, muss man in die oberste Schublade der Fußball-Sensationen greifen: Griechenlands EM-Titel 2004, die Bundesliga-Meisterschaft des 1. FC Kaiserslautern als Aufsteiger 1998, der Premier-League-Titelgewinn von Leicester City 2016.
Dass ein Drittligist nacheinander vier Teams aus der Bundesliga besiegt und dabei im Halbfinale den amtierenden Deutschen Meister Bayer Leverkusen ausschaltet, ist gemessen an den sonst eingefahrenen Kräfteverhältnissen im Profifußball dieser Tage eine Leistung mit Ewigkeitswert. Eine Sensation für die Geschichtsbücher.
Das Wunder von der Alm ist aber auch ein flammendes Plädoyer für die Unberechenbarkeit des K.o.-Modus‘ und damit für den DFB-Pokal. Wo sich die Vereine in der Champions League mittlerweile durch eine weitgehend reiz- und gefühlt endlose Gruppenphase quälen, geht es im deutschen Cup-Wettbewerb von der ersten Runde an richtig zur Sache. Mit dem wunderschönen Nebeneffekt, dass in einem Spiel über 90 Minuten immer wieder auch ein unterklassiger Außenseiter die individuelle Überlegenheit eines Erst- oder Zweitligisten neutralisieren kann.
Mitch Kniat und sein Team haben Epochales geleistet
Was den Erfolg der Arminia allerdings so besonders macht, ist die Tatsache, dass die Bielefelder gleich fünfmal einen Gegner aus einer höheren Liga geschlagen haben – und dafür gegen Hannover 96 (2:0), Union Berlin (2:0), den SC Freiburg (3:1), Werder Bremen (2:1) und Leverkusen (2:1) noch nicht einmal eine Verlängerung oder ein Elfmeterschießen benötigten. Trainer Mitch Kniat und sein Team haben Außergewöhnliches, Epochales geleistet. Mit einer Mischung aus gewiefter Strategie und dem unbändigen Glauben an die eigenen Möglichkeiten sind die Ostwestfalen über sich hinausgewachsen.
Nur zur Einordnung: Die Bielefelder spielen in der gleichen Liga wie der SV Waldhof. Die Vorstellung, dass zigtausend Mannheimer am 24. Mai für das DFB-Pokalfinale nach Berlin reisen würden, klingt komplett surreal. Aber genau das wird eine riesige Arminia-Armada an diesem Tag tun.
Gigantische Mehreinnahmen beschleunigen die sportliche Entwicklung
Für die Gesamtentwicklung des zwischen 2021 und 2023 von der 1. in die 3. Liga durchgereichten Traditionsverein ist der Triumphzug durch den DFB-Pokal von unschätzbarer Bedeutung. Mit dem Einzug ins Finale haben die Bielefelder bereits geschätzte zwölf Millionen Euro eingenommen. Für einen Drittligisten sind das geradezu gigantische zusätzliche Finanzmittel. Selbst wenn in dieser Saison die Rückkehr in die 2. Liga verpasst werden sollte – aktuell steht die Arminia in der 3. Liga auf Platz vier – wären die Ostwestfalen, wenn sie dieses Geld in die Verstärkung ihrer Mannschaft stecken, spätestens in der nächsten Spielzeit einer der absoluten Topfavoriten.
Und was die Chancen im Pokal-Endspiel gegen den VfB Stuttgart oder RB Leipzig angeht, sei nur so viel gesagt. Eigentlich hat die Arminia keine realistische. Aber das hat man auch vor den vier zurückliegenden Spielen gegen Bundesligisten gesagt. Die Ergebnisse sind bekannt.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Drittligist Bielefeld im Pokalfinale: Das Wunder von der Alm
Es ist eine Sensation für die Geschichtsbücher. Drittligist Arminia Bielefeld zieht ins DFB-Pokalfinale ein. Die Lehren aus einer historischen Leistung.