Wer in diesen Tagen kein Anhänger der Union ist, kann sich genüsslich mit Popcorn zurücklehnen. Denn nicht zum ersten Mal ist ein Machtkampf zwischen CDU und CSU entbrannt, der für politisch Interessierte ähnlich hohen Unterhaltungswert hat wie eine gute Netflix-Serie – und ähnlich viele Folgen.
Da ist der CDU-Chef, der Kanzler werden will, aber in den Umfragen desaströs dasteht. Und da ist der CSU-Chef, der nicht so richtig sagt, was er will, dem es aber gelungen ist, sich zu einer Sehnsuchtsfigur für viele zu machen. Beide belauern sich gegenseitig und sorgen mit immer neuen Vorstößen dafür, dass die Spannung nicht abreißt. Armin Laschet tut es mit scheinbar jovialem Stil, Söder mit bayerischer Derbheit.
Für die Union ist das Scharmützel hochgefährlich. Je länger es dauert, umso mehr beschädigen nicht nur die Kandidaten einander. Auch für die Union selbst sind Streitigkeiten zwischen den Schwestern schädlich. Das hat sich schon in der erbitterten Kontroverse zwischen Horst Seehofer und Angela Merkel um die Flüchtlingspolitik vor drei Jahren gezeigt. Nur knapp entging die Union damals einer Trennung der Fraktionsgemeinschaft. In den Umfragen sackte sie auf einen Tiefstand.
Anders als die SPD, bei der verbales Raufen – auch in und mit der Führung – quasi zur DNA gehört, sind Unionsanhänger sehr sensibel, was Zwist betrifft. Eine Einigung muss her, und zwar schnell. Sonst bleibt dem Kandidaten, wer auch immer es sein wird, nicht mehr genügend Zeit, bis zur Bundestagswahl die Gräben zwischen CDU und CSU zuzuschütten.
Zwei Mal ist es bislang in der Geschichte passiert, dass der Vorsitzende der kleinen Schwesterpartei CSU sich in der Frage der Kanzlerkandidatur gegenüber der CDU durchgesetzt hat. 1979 gelang dies Franz Josef Strauß mithilfe der Bundestagsfraktion nach einem ähnlich erbitterten Machtkampf mit dem damaligen CDU-Vorsitzenden Helmut Kohl. 2002 zog Edmund Stoiber für die Union in den Bundestagswahlkampf. Er hatte dabei – im Gegensatz zu Söder derzeit – auch große Teile der CDU-Spitze auf seiner Seite, die die noch führungsschwache Angela Merkel zum Rückzug gedrängt hatten. Gescheitert sind sie am Ende beide – allerdings nur sehr knapp.
In beiden Fällen führte die Niederlage dazu, dass die zunächst Unterlegenen – Helmut Kohl und Angela Merkel – gestärkt aus dem scheinbar verlorenen Kampf hervorgingen und am Ende Bundeskanzler beziehungsweise Kanzlerin wurden.
Für Armin Laschet als Kandidat spricht, dass er das CDU-Establishment (noch) auf seiner Seite hat und die Fraktion (noch) nicht gegen sich. Für Markus Söder spricht, dass er in der öffentlichen Gunst gegenüber dem Konkurrenten uneinholbar vorn liegt und jenes Charisma mitbringt, das ein Kanzlerkandidat braucht. Allerdings wird er die Kandidatur nicht durch Tricksereien im Hintergrund erringen. Dazu ist Laschet zu entschlossen, das Feld nicht räumen zu wollen. Markus Söder müsste jetzt sagen, dass er will – und dafür riskieren, viel zu verlieren.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Die CDU verfällt in einen schädlichen Machtkampft
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