Die Sensation des Pokalcoups war für den 1. FC Kaiserslautern näher als von fast allen Experten, Fans und Verantwortlichen im Vorfeld erwartet, wirklich greifbar war sie aber nicht. Die Mannschaft von Friedhelm Funkel ließ alles auf dem Platz, doch ihre Ideen, ihr Mut sowie ihre spielerische Klasse reichten letztlich nicht aus, um den Deutschen Meister aus Leverkusen ernsthaft in Bedrängnis zu bringen.
Dennoch können die Lauterer mit hoch erhobenem Haupt auf ihre Pokalsaison 2023/24 blicken. Die Pfälzer drehten - trotz einiger Krisen im Ligaalltag - im Pokal immer wieder auf und präsentierten sich nun auf der größtmöglichen nationalen Bühne von ihrer besten Seite. Das Wochenende in Berlin avancierte zu Pfälzer Feiertagen. Die Bundeshauptstadt war fest in rot-weiß-roter Hand, im Olympiastadion gaben die gut 30 000 FCK-Fans unter den 74 322 Zuschauern den Takt vor - auch wenn sie es mit der Pyrotechnik in der zweiten Halbzeit übertrieben. Die aufwendige, dreidimensionale Choreografie mit dem kochenden Teufel sucht ihresgleichen. FCK-Innenverteidiger Jan Elvedi hatte laut eigener Aussage „durchgehend Gänsehaut“. Zu Recht!
Schönfärberei darf es nun beim FCK nicht geben
Also Ende gut alles gut? Mitnichten! Der Erfolg im Pokal darf nicht über die zum Großteil katastrophalen Ligaleistungen hinwegtäuschen, Schönfärberei darf es beim FCK nicht geben. Der Club wäre gut beraten, seinen Hauptfokus wieder umgehend aufs Wesentliche zu lenken - den Alltag in der kommenden Saison.
Der Klassenverbleib am vorletzten Spieltag war für die Pfälzer zwar fraglos ein Erfolg, vor der Runde sah man sich jedoch in ganz anderen Tabellensphären. Als FCK-Geschäftsführer Thomas Hengen mit der Entlassung des einstigen Aufstiegstrainers Dirk Schuster die Notbremse zog, lag er mit dessen Nachfolger Dimitrios Grammozis völlig daneben. Erst Friedhelm Funkel brachte den FCK wieder in die Spur.
Schonungslose Analyse auf allen Ebenen vorantreiben
Das schaffte der 70-Jährige durch viel Ruhe sowie einer unerschütterlichen Zuversicht. Funkel hat geeint, formte aus einer fast nie harmonierenden Mannschaft noch eine Einheit, die sich gegen den Abstieg stemmte. Zudem implizierte er ein offenes, respektvolles und wertschätzendes Miteinander - Grundlage einer jeden erfolgreichen Arbeit.
Darauf müssen die Verantwortlichen bei ihrer angekündigten Aufarbeitung nun aufbauen und eine schonungslose Analyse auf allen Ebenen vorantreiben - samt nötiger personeller Änderungen. Es erscheint momentan jedoch zumindest fraglich, ob ein solch radikaler Schnitt wirklich umgesetzt wird. Am ehesten noch auf Spielerebene.
Und hier brauchen die Pfälzer nicht nur Akteure, die charakterlich zum Team und dem Verein passen, sondern gleichzeitig auch welche, die spielerische Lösungen finden können. „Das Defensivverhalten muss besser werden, ohne die Offensive zu vernachlässigen“, sagte der scheidende Funkel nach der Finalniederlage. Dafür muss dann auch der neue Trainer sorgen - und bei diesem darf sich Hengen keinen zweiten Grammozis leisten.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Der FCK darf sich nicht vom Pokal-Glanz blenden lassen
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