Kommentar Das deutsche Basketball-Märchen

Mit einem makellosen Turnier wird die Basketball-Nationalmannschaft erstmals Weltmeister. Für Jan Zurheide ein Erfolg des stets abgeklärten Bundestrainers, des unumstrittenen Anführers und des starken Teamgeists

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Jan Zurheide
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Während Fußball-Deutschland darniederliegt und ein Bundestrainer seinen Job verliert, der es nicht geschafft hat, seinen Plan erfolgsbringend zu vermitteln und ein gutes Händchen bei der Personalauswahl zu entwickeln, fand in Japan und auf den Philippinen ein deutsches Basketball-Märchen sein verdientes Ende. Mit dem ersten WM-Titel der Verbandsgeschichte haben sich die zwölf Spieler der DBB-Auswahl und Bundestrainer Gordon Herbert einen festen Platz in der deutschen Sportgeschichte gesichert. Noch dazu haben Herbert, sein Kapitän Dennis Schröder und die elf weiteren WM-Helden gezeigt, wie man in einem Mannschaftssport erfolgreich sein kann.

Einen immensen Anteil daran hat Bundestrainer Herbert, der bei all dem Schröder- und Franz-Wagner-Hype noch viel zu wenig gewürdigt wurde. Der Kanadier übernahm vor zwei Jahren mit einem Drei-Turniere-Auftrag: Heim-EM 2022, WM 2023 und Olympia 2024. Schon bei seinem Amtsantritt peilte er Medaillen an. Für eine deutsche Basketball-Nationalmannschaft ein durchaus hohes Ziel, schließlich gab es mit WM-Bronze 2002 und je einmal EM-Gold (1993) und -Silber (2005) bis dahin in 86 Jahren Turniergeschichte überhaupt erst drei Medaillen - zwei davon unter entscheidendem Zutun von Ausnahmesportler Dirk Nowitzki.

Schröder - ein echter Anführer

Für diese hohen Ambitionen ging Herbert konsequent seinen Weg. Er achtete durchgängig auf die Teamchemie, was auch mal zur Folge hatte, dass nicht die Besten nominiert wurden, sondern die, die am besten zusammenpassen. Der Bundestrainer, der stets die Ruhe behält, hatte auch in schwierigen Phasen oftmals die richtigen Mittel parat. Und er hatte mit Dennis Schröder einen Kapitän, auf den er voll und ganz setzte und der sich mit Haut und Haaren dem Nationalteam verschrieb. Für einen NBA-Profi alles andere als selbstverständlich.

Schröder war ein echter Anführer, eckte in dieser Rolle auch mal an, doch hatte dabei immer das Wohl seines Teams im Sinn. Er ist ein würdiger Nowitzki-Nachfolger. Noch dazu hat Schröder etwas, das Nowitzki in dieser Form stets fehlte: hochklassige Mitspieler, die ebenfalls in der Lage waren, in einem Turnier in die Hauptrolle zu schlüpfen. So rettete Jungstar Franz Wagner seinen Kapitän bei dessen einzigem schwachem Spiel im Viertelfinale gegen Lettland. Und im Halbfinale gegen die USA vollbrachte Bundesliga-Profi Andreas Obst plötzlich Heldentaten.

Nun auch Olympia-Medaille?

Hinzu kommt ein Teamgeist, der nach jedem Sieg (es wurden alle acht WM-Spiele gewonnen) in fast jedem Interview betont wurde und dem Fan vor dem Bildschirm zeigte: Hier ist eine Mannschaft gewachsen, deren Zusammenhalt enger kaum sein könnte.

Die Perspektive dieser Auswahl ist nun glänzend. Nach EM-Bronze im vergangenen Jahr, nun WM-Gold - und dann kommen 2024 die Olympischen Spiele. Auch hier ist diesem deutschen Team eine Medaille zuzutrauen. Es wäre die erste olympische Plakette in der deutschen Basketball-Geschichte.

Redaktion Editor der Sportredaktion