Kommentar Darum laufen der S-Bahn die Kunden weg

Bernhard Zinke kritisiert in seinem Kommentar, dass die Mobiliätswende in der Rhein-Neckar-Region angesichs von Zuausfällen und -verspätungen schlicht nicht funktionieren kann. Und er vermisst einen wichtigen Akteur bei der Lösung der Probleme

Veröffentlicht
Kommentar von
Bernhard Zinke
Lesedauer

Es ist die Schlagzeile, die gerade in Zeiten der Mobilitätswende eigentlich niemand lesen will: Der S-Bahn laufen die Kunden und Fahrgäste weg. Aber das ist Fakt – und nun wirklich keine Überraschung. In großer Unregelmäßigkeit fehlen der Bahn die Mitarbeiter auf den zentralen Stellwerken der Region. In Ludwigshafen genauso wie in Neckargemünd. Die Folge: Immer wieder fallen S-Bahnen und Regionalzüge aus, Takte werden kräftig ausgedünnt. Verlässlichkeit geht anders.

Mobilität

Der S-Bahn Rhein-Neckar laufen die Kunden weg

Veröffentlicht
Von
Bernhard Zinke
Mehr erfahren

Was bislang nur Mutmaßungen waren, hat die BASF nun mit Fakten untermauert: Im Steuerungskreis des Mobilitätspakts Rhein-Neckar berichtete die zuständige Abteilungsleiterin des Chemiekonzerns, dass rund 800 bis 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weniger mit der S-Bahn ins Werk kommen. Dabei hatten BASF und Verkehrsverbund mit großem Engagement und viel Geld die sechs Kilometer lange Strecke elektrifiziert, alleine auf den vier Kilometern übers Werksgelände 68 Oberleitungsmasten gesetzt und die drei Bahnsteige barrierefrei ausgebaut. Die Züge fahren aus Germersheim und sammeln unterwegs an allen Bahnhöfen Aniliner ein. Doch was nützt das alles, wenn die Züge nicht verlässlich fahren und die Menschen unpünktlich oder gar nicht zum Arbeitsplatz gelangen?

Die Folgen sind fatal: Die BASF-Beschäftigten steigen wieder ins Auto statt in die Bahn, sind für den öffentlichen Nahverkehr auf lange Zeit verloren und – wer will’s ihnen verdenken – verbreiten die Kunde von der mangelnden Zuverlässigkeit im Freundes- und Bekanntenkreis. Was die BASF nun mit Zahlen belegen kann, dürfte für den gesamten S-Bahnverkehr der Region gelten.

Damit ist eine der Kernaufgaben des Mobilitätspaktes empfindlich getroffen. Die Akteure hatten sich nämlich schon vor drei Jahren auf den Fahrplan geschrieben, durch die Optimierung der Verkehrsinfrastruktur und des Verkehrsangebotes die Attraktivität des ÖPNV zu steigern. Außerdem ist das Ziel, den Individualverkehr auf die Schiene zu verlagern und dadurch die Attraktivität von Jobtickets zu steigern. Die Entwicklung zeigt nun klar in die Gegenrichtung.

Die Crux daran: Der wichtigste Gesprächspartner in diesem Fall, nämlich die Bahn, sitzt gar nicht mit am Tisch. Doch genau das wäre eminent wichtig, alleine um die Bedeutung des Themas zu unterstreichen. Damit wäre der Personalengpass zwar noch nicht behoben, aber das Thema rutschte möglicherweise etwas weiter nach oben auf der sehr langen To-do-Liste der Bahn.

Ressortleitung Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

VG WORT Zählmarke