Der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte hat die Vertrauensabstimmung im Parlament überstanden. Doch der Schein trügt. Italiens Politik bleib dennoch weiter im Krisenmodus. Denn zwar konnte sich der 56-jährige Premierminister dank der Stimmen einiger Überläufer aus der Opposition retten. Um entschieden regieren und die gegenwärtigen Herausforderungen meistern zu können, genügt eine so knapp zustande gekommene Mehrheit jedoch nicht. Das erste Kapitel der Regierungskrise ist abgeschlossen, nun geht die Suche nach einer soliden Mehrheit weiter. Ob sie gelingt, ist fraglich.
Für die Italienerinnen und Italiener sind die Vorgänge im Parlament unverständlich. Sie sind derzeit mit Fragen beschäftigt, die unmittelbar ihre Existenz betreffen. Sie wollen wissen, wann die Corona-Pandemie endlich endet, sie ärgern sich über die Einschränkungen, Verbote und Geschäftsschließungen. Sie interessieren sich vielleicht noch für den Verlauf, die Risiken und die Komplikationen der Impfkampagne oder dafür, wie die Politik in Rom ein nie da gewesenes Hilfspaket für die Zukunft des Landes verwenden will. Die Staats- und Regierungschefs der EU haben sich für Italien auf einen Geldregen von 209 Milliarden geeinigt, der aber nur kommt, wenn Pläne entworfen und umgesetzt werden. Italiens Politik hingegen ist blockiert, mit sich selbst beschäftigt – die wichtigen Fragen bleiben auf der Strecke. Über sie spricht die Politik nur am Rande. Stattdessen hat ein Kuhhandel um Überläufer aus der Opposition begonnen, weil Conte das Überleben seiner Links-Regierung garantieren will. Das ist nach dem Koalitionsaustritt der Kleinpartei Italia viva um Ex-Premier Matteo Renzi gefährdet. Renzi hat Italien zur politischen Nabelschau verdammt. Das ist während einer Pandemie unverantwortlich.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Julius Müller-Meiningen - über die Krise der Regierung von Giuseppe Conte in Italien Blockierte Politik
Julius Müller-Meiningen über die Krise der Regierung von Giuseppe Conte in Italien