Kommentar Bilanz des Mathaisemarkts in Schriesheim: Es bleiben zwei Hausaufgaben

Der Mathaisemarkt ist zu Ende. Zeit, Bilanz zu ziehen. Die 444. Folge des großen Volksfestes war ein Erfolg. Gleichwohl gilt es, einige Hausaufgaben zu erledigen.

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Konstantin Groß
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Schriesheim. Der wichtigste Punkt der Bilanz lautet: Das Fest fand statt. Vor dem Hintergrund der dramatischen Ereignisse in Mannheim nur vier Tage zuvor ist das keineswegs selbstverständlich. Wie anders wäre das Fest verlaufen, wäre es wegen der späten Fasnacht nicht um eine Woche von seinem historisch angestammten Zeitpunkt am ersten Märzwochenende weggeschoben worden?

Dann wäre die Amokfahrt in Mannheim in die Hoch-Zeit des Mathaisemarktes gefallen. Ob er dann so unverändert und so weitgehend unbeschwert hätte laufen können wie er es jetzt tat ? Mit der würdigen Schweigeminute im voll besetzten Festzelt zu Beginn wurde eine angemessene Form des Gedenkens gefunden.

Trotz optimaler Bedingungen nicht immer neuen Rekorde

Die Anziehungskraft des Festes ist nach wie vor groß. Allerdings wachsen die Bäume auch nicht mehr in den Himmel, konkret die Besucherzahlen ungeachtet optimaler Rahmenbedingungen, also dem prachtvollen Wetter. Die Gründe sind vielfältig. Manchem mag derzeit nicht zum Feiern, andere mögen trotz aller Vorkehrungen um ihre Sicherheit und die ihrer Kinder besorgt sein.

Nicht zu unterschätzen sind aber auch die ökonomischen Rahmenbedingungen. Fünf Euro Mindestpreis für eine Bratwurst auf dem Festplatz etwa markieren die Problematik. Am ersten Festtag hörte ich beim Vorbeigehen zufällig einen Vater an seinem Handy; er berichtete dem oder der am anderen Ende der Leitung, mit seinem Sohn, den er an der Hand führte, bereits 80 Euro auf dem Vergnügungspark „verfahren“ zu haben. Das muss man sich leisten können und wollen.

Das Gewerbezelt auf dem Schriesheimer Mathaisemarkt macht Sorgen

Ein immer größeres Sorgenkind im Programm werden die Aktivitäten des Bundes der Selbstständigen (BdS) auf dem Fest. Und dies, das sei hier ausdrücklich betont, ungeachtet der persönlichen Anstrengungen des BdS Ortschefs Rolf Edelmann. Aber das Gewerbezelt bot einen traurigen Anblick. Sogar der Gastrobereich, sonst von Trauben von Menschen bevölkert, blieb an manchen Tagen nahezu leer. In Sachen Gewerbezelt besteht dringender Handlungsbedarf, nicht nur für den BdS, sondern auch für die Stadt. Denn das Gewerbezelt ist ein Aushängeschild des gesamten Mathaisemarktes.

Auch der einstige Publikumsmagnet Mittelstandskundgebung verliert seine Attraktivität. Das Erfolgsrezept bestand darin, dass die Leute hier Größen der Politik live erleben konnten, die sie sonst im Fernsehen sehen. Und dies nicht mit einer Vorlesung in Volkswirtschaftslehre, sondern deftig und humvorvoll.

Im nächsten Jahr braucht es einen Festredner oder eine Festrednerin mit mehr Strahlkraft

In diesem Sinn war die diesjährige Rednerin, Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut, ebenso ein Totalausfall wie ihre Kabinettskollegin Razavi im letzten Jahr. Beide CDU-Landesministerinnen sind nicht nur nahezu unbekannt, sondern auch keine Festzeltrednerinnen. Noch eine solche Pleite kann sich die Traditionsveranstaltung nicht leisten. Die in zeitlicher Nähe zum Mathaisemarkt stattfindende Landtagswahl bietet 2026 die Gelegenheit, an frühere Zeiten anzuschließen. Der Mathaisemarkt hätte es verdient.

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