Versprochen ist versprochen und wird nicht gebrochen - dieses Sprichwort kennt wahrscheinlich jeder. Aber jeder hat natürlich schon am eigenen Leib erfahren, dass die Wirklichkeit oft anders aussieht. Und weil Politikerinnen und Politiker auch nur Menschen sind, halten sich diese ebenfalls nicht immer an ihre Versprechen und verweisen auf die Sachzwänge, die sie eines Besseren belehrt hätten.
Bei der Grundsteuer ist es ähnlich und doch anders: Die Bundesregierung hat den Bürgerinnen und Bürgern versprochen, dass die durch das Bundesverfassungsgericht erzwungene Reform aufkommensneutral werden würde. Nur: Bund und Länder können dieses Versprechen gar nicht einlösen. Sie haben die Reform zwar 2019 abgesegnet, dürfen aber die endgültige Höhe der Grundsteuer, die ab 2025 gilt, nicht bestimmen. Da sitzen die Kommunen im wahrsten Sinne des Wortes am längeren Hebel. Sie legen über den Hebesatz die Höhe fest. Und zwar jede Gemeinde für sich.
Das klamme Mannheim muss Löcher stopfen
Eine Stadt wie das finanziell klamme Mannheim muss zum Beispiel viele Löcher stopfen - vom Nationaltheater bis zur Uniklinik - und wird sich deshalb überlegen, ob sie den neuen Hebesatz tatsächlich so gestaltet, dass am Ende die Grundsteuer aufkommensneutral ausfällt.
Der Reiz, den aktuellen Hebesatz unverändert zu belassen - auch das würde schon zu Mehreinnahmen führen - oder ihn sogar anzuheben, dürfte deshalb groß sein. Die meisten Kommunen werden den neuen Hebesatz erst im zweiten Halbjahr festlegen. Mannheim will die Bescheide sogar erst im Januar 2025 verschicken.
Sollen auf diese Weise die Bürgerinnen und Bürger - die sich für die Kommunalpolitik nicht so interessieren - vor vollendete Tatsachen gestellt werden? Deshalb zur Erinnerung: Die Grundsteuer müssen nicht nur die Immobilieneigentümer, sondern auch die Mieter anteilig zahlen. Die Kommunen treffen mit ihrer Entscheidung also nicht nur eine kleine Klientel, sondern alle Haushalte. Da darf keine Willkür herrschen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Bei der Grundsteuer sitzen die Kommunen am längeren Hebel
Bund und Länder haben die Grundsteuerreform 2019 beschlossen, das letzte Wort haben aber die Kommunen. Sie entscheiden mit der Festlegung des Hebesatzes, wie hoch die Grundsteuer aber 2025 ausfällt, meint Walter Serif