Andere Weltlage

Peter W. Ragge zur Rolle von Mannheim für das US-Militär

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Peter W. Ragge
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Die Bürgerbeteiligung war schon gestartet – oder sollte man sagen: das Wunschkonzert? Naturschutzgebiet, Naturerlebnispark mit kleiner Wasserfläche, Golfplatz, ein Autohof für die Übernachtung von Lkw-Fahrern abseits von Wohngebieten oder ein „Green Logistic Park“, in dem Waren für die letzte Strecke Richtung Quadrate von dreckigen Lkw auf saubere Elektrotransporter umgeladen werden – Ideen gab es 2014 viele für die Coleman-Kaserne. Immerhin handelte es um die größte Mannheimer Konversionsfläche, über fünf mal so groß wie der Luisenpark.

Aber aus der Konversion, also der Umwandlung von militärischem Gelände in zivile Fläche, wurde nichts. Die Ideen scheiterten an den weltpolitischen Realitäten. 2014 überfielen russische Militärs die ukrainische Halbinsel Krim, und gleich darauf zogen die Amerikaner die Notbremse. Coleman wäre die letzte Kaserne gewesen, welche die Amerikaner in Mannheim räumen wollten. Und buchstäblich über Nacht wurde 2015 der längst geplante Abzug wieder abgeblasen. Eine Woche später, und das Gelände wäre übergeben gewesen. Seit August 2021 ist klar: Die Army bleibt noch lange, sehr lange.

Coleman liegt strategisch so hervorragend – östlich des Rheins, mit perfektem Anschluss an Autobahnen, Bahn und die Wasserstraße Rhein sowie nahe bei den Flugplätzen Ramstein und Frankfurt, dass die Kaserne für die Amerikaner von höchster strategischer Bedeutung ist.

Auch wenn einem dieser Gedanke ganz und gar nicht gefällt: Vorbei ist leider die Zeit, in der „Friedensdividende“ anfiel, wie man das so schön sagte, und man glaubte, Soldaten, Panzer und Kasernen nicht mehr zu brauchen.

In Moskau sitzt wieder jemand, der bereit ist, Soldaten nicht nur als (Druck-)Mittel der Politik einzusetzen, sondern – wie das Beispiel Krim gezeigt hat – sie auch losmarschieren, schießen und andere Länder besetzen zu lassen. Ohne die abschreckende Masse an amerikanischen Soldaten wäre Europa zu schwach, um sich dem einigermaßen wirksam entgegenzustellen.

Mannheim hat bereits in den Jahrzehnten des Kalten Kriegs und in den Golfkriegen eine ganz entscheidende Rolle gespielt – als Standort wichtiger amerikanischer Logistikeinheiten, die für Transport und Nachschub sorgten. Auch wenn offiziell nicht alles zugegeben wird, kommt zumindest Coleman nun auch wieder eine hohe Bedeutung zu. Ein richtiges Naturschutzgebiet wird das so schnell sicher nicht – die Weltlage ist einfach eine andere geworden.

Redaktion Chefreporter