Musik ist eine ganz besondere Macht. Sie kann himmlische Kräfte entfalten, Liebe beschwören und friedvolles Miteinander, aber auch Soldaten in den Krieg ziehen lassen. Militärmusik gehört seit Beginn der Menschheit zur Klangkultur. Naturgemäß zielen Armee-Märsche auf Gleichschritt und Motorik. Es ist kein Zufall, dass Adolf Hitler für den Badenweiler-Marsch mit seinen etwas dumpfen Tusch-Sequenzen schwärmte. Es gibt aber auch musikalisch weit ambitioniertere Marschmusik, ihre Zielsetzung jedoch ist stets die gleiche: Menschen zum Marschieren und zum Einordnen ins Armee-Kollektiv zu bringen.
Doch martialische Klänge haben in der Musikgeschichte auch für großartige Inspirationen gesorgt. Das berühmteste Beispiel ist wohl Mozarts „Türkischer Marsch“ aus seiner Klaviersonate Nr. 11, zu dem ihn die Janitscharenmusik des osmanischen Heeres angeregt hatte. Ohne Militärkapellen wäre auch der Jazz nicht entstanden, der martialische Schneid der Märsche wurde im alten New Orleans allerdings zum zivilen Swing der Marching Bands.
Noch heute bilden im Jazz die Akzente auf der kleinen Trommel die Basis guten Schlagzeugspiels. Pazifistisch gesinnte Komponisten reizten Märsche selbstredend zum Widerspruch. So wie Alban Berg dies im Finale seiner Drei Orchesterstücke op.6 von 1914 tat, in dem der Marsch apokalyptisch in den Untergang führt. Eher humorvoll sind die „10 Märsche, um den Sieg zu verfehlen“ von Mauricio Kagel aus dem Jahr 1979, zu denen keine Armee der Welt paradieren könnte.
Gleichwohl hat sich aufgrund der aktuellen Weltlage die Einschätzung vom Wert der Wehrhaftigkeit von Grund auf geändert. Und so stehen die Chancen nicht schlecht, dass ein selten aufgeführtes Werk von Karlheinz Stockhausen womöglich bald wieder gespielt werden könnte: sein Helikopter-Streichquartett von 1995 für vier Streicher, die in vier Hubschraubern musizieren. Vielleicht sponsern ja Rheinmetall und Thyssen Krupp das Projekt.
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