Preis-Explosion“, „unverschämt“, „Empörung“, „Es hackt“ – das sind vereinzelte Schlagzeilen und Zitate über die tatsächlich exorbitanten Eintrittspreise für die Open Airs von AC/DC im Sommer 2024. Am Hockenheimring werden für einen Sitzplatz mehr als 182 Euro fällig. Im Innenraum sind es 50 Prozent mehr als die 100 Euro, die beim letzten Konzert der Australier 2015 im Motodrom fällig wurden. Auch mit Inflation und den immens gestiegenen Personal-, Produktions- und Energiekosten ist das nicht zu erklären.
Die enorme Nachfrage – wie auch bei Adele, Taylor Swift oder 2023 Bruce Springsteen – lässt die Debatte allerdings fast ein wenig realitätsfern wirken. Preise regelt nun mal der Markt – und speziell im Livegeschäft sind die teuersten Karten in der Regel am schnellsten weg. Speziell in den ersten Reihen und exklusiven Bereichen direkt an der Bühne, hat man den Eindruck, der Preis spielt überhaupt keine Rolle.
Eher eine moralische Frage
Die eigentliche Frage ist also eher eine moralische: Müssen als Helden der Arbeiterklasse geltende Rock-Multimillionäre wie der „Boss“ und AC/DC oder politische aktive Stars wie Taylor Swift und zuletzt Pearl Jam die Preisspirale unbedingt ausreizen? Der Run auf die Tickets mag die Preise rational rechtfertigen. Aber dann können eben nur die Fans zu den Konzerten gehen, die es sich leisten können. Das ist schlichtweg unsozial.
Fans hören das nicht unbedingt gern: Aber der Schwarze Gier-Peter liegt bei ihren singenden und rockenden Lieblingen, im besten Fall bei deren Managements. Denn erfahrungsgemäß sind die geforderten Garantiegagen der hauptsächliche Preistreiber. Die Marge der Veranstalter ist risikobehaftet und wird in der Regel erst dann ansehnlich, wenn die Auslastung bei den ganz großen Tourneen sehr hoch ist. Und vor allem, wenn Zusatztermine den Umsatz erhöhen.
Ein paar Plätze abzweigen
Man könnte sich ja einfach mal etwas altmodisch an die soziale Marktwirtschaft erinnern: Angesichts des Ansturms auf Taylor Swift und Co. ist eine Preisdeckelung zwar illusorisch. Aber auf dem Hockenheimring gibt es am 13. Juli 102 400 Plätze. Warum nicht 2400 Tickets abzweigen und über soziale Institutionen, die sich in der Region auskennen, unbürokratisch verteilen lassen? Zum Beispiel an Schlechterverdienende, Pflegekräfte, Rentner und Rentnerinnen. Und angesichts der Tatsache, wie viel Kaufkraft die Mega-Events aus dem Live-Markt ziehen, könnte man sich auch eine winzige Sozialabgabe vorstellen. Für einen Fonds, der zum Beispiel Newcomern, kleinen und Mittelklasse-Bands hilft, überhaupt auf Tour zu gehen. Das wäre alles natürlich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Aber die Geste zählt und das Karma kann auch auf dem „Highway To Hell“ ein paar Pluspunkte gebrauchen. Jörg-Peter Klotz
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