Nach Diktat verreist

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Nach Diktat verreist. Was sollte man nur mit diesem Satz aus Behördenbriefen anfangen? War er so zu verstehen, dass eine Antwort zwecklos sei, weil der Verfasser verschwunden war? Wohl kaum. Eher bedeutete er, dass ein anderer eine Nachricht geschrieben hatte, die man selbst nicht mehr unterzeichnen konnte.

Klarer Fall: Erdacht wurde der Satz für Menschen mit Sekretärinnen. Und überholt war er spätestens, als sich alle Menschen ohne Sekretärinnen einen Anrufbeantworter kauften. Auf ihm kann man schließlich Nachrichten hinterlassen - egal, ob es eine Antwort darauf geben soll oder nicht. Auch E-Mails folgen meist einer Einbahnstraße: Man schickt sie in die Welt, ohne Sicherheit auf eine Rückmeldung. Oder man sendet sie an Menschen, die ohnehin nie zu erreichen sind. Da wäre etwa Frau E., die mir immer dann Mails schickt, wenn ich im Urlaub bin. Mein Abwesenheitsagent sendet ihr dann eine automatische Nachricht, in der es heißt, dass ich nicht zu erreichen sei. Woraufhin mir ihr Abwesenheitsagent antwortet, Frau E. sei nicht da. Wahrscheinlich ist sie immer dann gerade nach Diktat verreist . . . Annika Wind

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