Wissenschaft

Gestern, heute, morgen – wie das Internet unser Leben verändert

Tim Berners-Lee stellte am 12. März 1989 seinen Vorschlag für ein weltweites Informationsaustauschsystem vor. Dies war die Grundlage für das World Wide Web. Unsere Redaktion blickt zurück.

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Christina Eppel , Nicolai Lehnort , Linda Saxena , Vanessa Schwierz , Ralf Strauch , Michael Wiegand und Andreas Wühler
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© SZ-Grafik

Region. Dass seine Idee unser aller Leben später von Grund auf verändern sollte, wusste damals niemand. Der Brite Tim Berners-Lee stellte seinem Arbeitgeber am 12. März 1989 seinen Aufsatz „Informationsmanagement: Ein Vorschlag“ vor. Darin beschrieb der Physiker, wie Wissenschaftler weltweit Informationen austauschen könnten. Es beruhte auf dem Prinzip der Hypertext Markup Language – der Basis für das World Wide Web. Heute feiert das Internet seinen 35. Geburtstag.

Doch bevor es so weit kommen sollte, dauerte es noch ein paar Jahre. Weihnachten 1990 legte Berners-Lee den ersten Web-Server der Welt an. Am 6. August 1991 machte er die erste Website im Internet öffentlich. Am 30. April 1993 stellte das Europäische Kernforschungszentrum Cern den Programmcode des World Wide Web (WWW) der Öffentlichkeit zu Verfügung.

Unsere Redaktion blickt zurück - auf eine Zeit ohne und mit Internet.

© Thomas Neu

Michael Wiegand: Der Kollege mit ohne Internet

Das ist so eine Sache mit dem Internet bei mir daheim. In meiner Heimatstadt – die schönste und tollste kleine Weltstadt der Welt! – gibt es durchaus Internet und Telefonempfang. Allerdings beides sehr mies. Beispiel gefällig? Schaue ich American Football live, wissen andere Fans nach zweieinviertel Stunden, wie das Spiel ausgegangen ist. Ich brauche zweieinhalb Stunden.

Wie kann der Kerl nur so leben, werden Sie fragen, liebe Leser. Ganz einfach: Planung! Filme kann man nachts downloaden – kein Problem, wenn man weiß, was man am nächsten Tag schauen möchte. Verklickt man sich, muss man am Abend danach eben die 1973er Trash-Horrorkomödie „Schlock – Das Bananenmonster“ ansehen. Tipp: Lassen Sie es! Man gewöhnt sich daran und kann auch eine DVD oder Blueray einlegen – wenn man am uralten Player den Einfüllstutzen für Kohle findet, damit das Ding läuft.

Zurück ins Internet: Kollege Andreas Lin machte sich bis vor einiger Zeit zumindest einmal wöchentlich über mein lokales Internet lustig. Als ich ihm 30 Sekunden eines Livestreams eines Footballspiels der Green Bay Packers, den ich mit dem Handy gefilmt hatte, zeigte... Nun ja!? Nein, keine Ahnung, ob es ihn amüsierte oder er einfach nur geschockt war. Seither musste ich mir keinen „blöden“ Spruch mehr anhören.

Homeoffice war und ist entsprechend nicht möglich. Es würde einfach zu lange dauern, bis ein Artikel oder sogar eine Seite geladen ist. Surfen dauert auch entsprechend lange und bei der Recherche würde ich wahrscheinlich während des Ladevorgangs einer Seite vergessen, nach was ich eigentlich gesucht habe. Mails gehen übrigens gut – solange keine Bilder anhängen!

An Hänsel- und Sticheleien wegen „meines“ schlechten Internets beteiligen sich bis heute übrigens so ziemlich alle Kollegen hier in der Redaktion. Pah! Sie würden allesamt in der kleinsten Weltstadt der Welt durchdrehen – oder umziehen!

© Thomas Neu

Ralf Strauch: Ohne Bücherwand auch keine Antwort

Segen oder Fluch – Was ist das Internet für mich? Als Herr des gesetzteren Alters kann ich mich gut erinnern, wie wir einst die Zeitung gemacht haben, als die Texte noch auf der Schreibmaschine entstanden und Streifen für Streifen mit Wachs auf die Seite geklebt wurden, um schließlich vom Kurierfahrer zur Druckerei gebracht zu werden. Da lief alles noch gemütlicher ab.

Inzwischen ist der Rechner und mit ihm das Internet aus dem Redaktionsalltag nicht mehr wegzudenken. Da müssen Texte zügig entstehen, damit sie schnell online sind. Das sorgt für viel mehr Zeitdruck und Stress. Außerdem prasseln Unmengen an Informationen – teilweise völlig überflüssige – auf uns ein. Beispiel gefällig? Da schreibt uns der Zoo Leipzig wortreich, wer der Pate eines seiner Affenkinder wird. Wie gesagt: für mich viele überflüssige Infos. Aber ist das ein Grund, das Internet zu verteufeln?

Schließlich sorgt es auch für Vereinfachungen. Beispielsweise bei der Recherche. Wenn wir früher nicht wussten, wie dieser Chanson der Piaf hieß, der an prominenter Stelle im Programm gesungen wurde, dann war die letzte Chance der Telefonjoker. Ansonsten half eine gutbestückte Bücherwand im eigenen Zuhause. Oder natürlich Allgemeinbildung – die von sich oder Kollegen. Und so habe ich als junger Volontär fürs Leben gelernt, dass er „Non, je ne regrette rien“ heißt.

Heute ist die Antwort bei so einer Frage durch die Suchmaschine in Nullkommanix gefunden. Aber bestimmt auch genauso schnell wieder vergessen. Ich habe ein wenig Sorge, dass man inzwischen nur noch weiß, wo die Netzabdeckung am besten ist, nicht mehr aber aus dem Kopf beantworten kann, wie der Titel eines zweiten Chansons der Piaf lautet, wie die Bundesbildungsministerin heißt oder wer bei der Fußball-Europameisterschaft 1996 das Golden Goal erzielte. Das im Internet herauszufinden, dauert nur wenige Klicks. Also: Segen oder Fluch? Eigentlich egal, denn das Internet ist und bleibt da. Auch wenn eine Kollegin gern im Spaß sagt: „Internet? Das wird sich nicht durchsetzen!“

© Thomas Neu

Andreas Wühler: Wissen ist mittlerweile rund um die Uhr verfügbar

Gibt es ein Leben vor und nach dem Internet? War der Einschnitt durch die Einführung des Internets so dramatisch wie der Fall der Mauer, der im gleichen Jahr gefeiert wurde? Wohl kaum. Es war eher ein schleichender Prozess, der das Leben nach und nach auf den Kopf stellte. Ein Beispiel gefällig? Wer hat heute noch eine Enzyklopädie zu Hause, geschweige denn kennt noch die Bedeutung des Begriffs? Wissen ist heute rund um die Uhr abrufbar, keine Frage muss unbeantwortet bleiben. Von wem stammt der Titel noch mal, wer hat‘s gesungen und wie hieß die Hauptstadt von Kap Verde denn? Ein Klick und die Antwort offenbart sich.

War früher der Große Brockhaus - die Prachtausgabe mit Kopfgoldschnitt und Goldprägungen und dem gesammelten Wissen in zwanzig Bänden nicht nur die gute Stube schmückendes Statussymbol, sondern auch unverzichtbares Nachschlagewerk, so genügt heute Wikipedia, um jede Wissenslücke zu schließen. Womit auch schon eine der größten Errungenschaften des Internets benannt ist – das Schwarmwissen von Wikipedia. Es liefert nicht nur Antworten, sondern ist zugleich seine eigene Prüfinstanz.

Die dunkle Seite dieser Medaille findet sich in den sozialen Medien, in denen der Wahrheitsgehalt von Meldungen nicht unbedingt die größte Rolle spielt. Eher dient es dem Schaulaufen von Egomanen, die ihre Weltsicht für allgemeingültig und sich selbst für den Mittelpunkt der Erde halten.

Und die sozialen Medien haben zudem eine der größten Verhaltensänderungen der vergangenen über drei Jahrzehnte bewirkt: Es gibt Menschen, die bekommen keinen Bissen mehr herunter, ohne zuvor ihre Mahlzeit gepostet zu haben. Ob Currywurst oder Pommes – alles wird ins Netz gestellt, als ob sich der Nutzer ohne Visualisierung eine Currywurst nicht vorstellen könne.

Vom tieferen Zweck der Mitteilungen ganz zu schweigen. Dass Nahrung zum Überleben wichtig ist, ist keine neue Erkenntnis und womit der Einzelne im Zweifelsfall seinen Körper quält – muss man nicht wissen.

© Thomas Neu

Christina Eppel: Die Vorzüge eines „Smart Homes“

Was, wenn das eigene Haus mitdenkt? Wenn es automatisch Kaffee kocht, die Waschmaschine startet oder die Fenster schließt? Was noch vor wenigen Jahren als absolute Zukunftsmusik Teil von „Science Fiction“-Büchern und Filmen war, ist heute Realität – oder kann es zumindest sein. Gerade beim Neubau eines Hauses eröffnen sich hier immer mehr Optionen, die sich vor allem durch das Internet ergeben. Viele Geräte können mittlerweile untereinander und im hauseigenen Netzwerk verbunden werden, sie kommunizieren miteinander und können somit zum „Smart Home“, also einem intelligenten Zuhause, werden.

Schon etwas unheimlich, wenn man überlegt, dass die Rollläden sich nach dem Sonnenuntergang richten können. Automatisch werden die Jalousien geschlossen, das Licht eingeschaltet oder die Türe entriegeln.

Wir haben in unserem Neubau nicht mal einen Bruchteil dieser Optionen eingebaut. Immerhin sind wir Anfang der 1990er geboren und noch „ohne so Fätz“ aufgewachsen. Dennoch nutzen wir einige Annehmlichkeiten in unserem Haus, die ohne Internet überhaupt nicht möglich wären.

Da wäre zum einen die „smarte“ Klingel, die mir immer direkt auf dem Handy anzeigt, wer an der Tür ist und ob ein Paket geliefert wurde. Zum anderen der Staubsauger-Roboter, der sich vermutlich besser in unserer Wohnung – und vor allem unter dem Sofa – auskennt als wir. Den ich mit dem Handy steuern kann, der sich selbst entleert, feucht wischt und sogar sein Mikrofasertuch reinigt, wenn er fertig ist. Auch einige Lampen lassen sich bei uns per Knopfdruck in der App ein- und ausschalten.

Ein erster Schritt in Richtung „Smart Home“ ist für das Erste gemacht, also mal sehen, inwiefern das Internet und seine Möglichkeiten unsere Häuser in den nächsten 35 Jahren noch schlauer und selbstständiger macht.

© Khaled Daoud

Linda Saxena: Das Tor zum digitalen Abenteuer

Erinnern Sie sich noch an diese – nicht unbedingt platzsparenden – beigen Röhrenmonitore, die es in den Neunzigerjahren gab? Genau so einen durfte ich als ersten Computer mein Eigen nennen.

Zugegeben: Ich war damals in der fünften Klasse und wusste nicht viel mit der weiten wilden Welt des Internets anzufangen. Häufig sagt man, dass die Kinder der Neunzigerjahre die letzte Generation waren, die im Vergleich zum heutigen digitalen Zeitalter in einer wesentlich analog geprägten Welt aufgewachsen sind. Ob das gut oder schlecht ist, darüber lässt sich streiten.

Für mich war das Internet zu Beginn eher eine große Spielekonsole. Die Computerspiele „Moorhuhn“ und „Frogger“ standen dabei ganz hoch im Kurs. Rückblickend stehen diese sogenannten „Shooter-Spiele“ in der Kritik, damals hatten sie wohl eher Kultstatus. Nachdem also Moorhühner vom Himmel geholt und Frösche von Autos auf der Straße zermatscht wurden, änderte sich mit der Zeit mein Verhältnis zum Internet.

Als zuverlässige Quelle steht es seinen Nutzern jede einzelne Sekunde des Tages mit Rat und Tat zur Seite. Plattformen wie Youtube, Chatrooms und Google gehörten zu den meistbesuchten Seiten in meinem Browserverlauf. Ich verstehe aber auch, dass es gerade der älteren Generation schwer fällt, sich mit der digitalen Welt anzufreunden. Bekanntlich lässt es sich auch im Kindes- und Jugendalter besser lernen. Immerhin bin ich – zum Glück – parallel zu den Entwicklungen des Internets aufgewachsen und habe Hardware und Technik kommen und gehen sehen.

Obwohl ich die Vorteile des digitalen Zeitalters zu schätzen weiß und diese jederzeit nutzen kann, bin ich froh, als Kind einen unbeschwerteren Umgang mit der digitalen Welt gehabt zu haben. Es war eine Art Spielmöglichkeit, eine zusätzliche Beschäftigung im alltäglichen Leben. Jetzt habe ich aber auch wieder Lust, einen kurzen Ausflug in die Vergangenheit zu machen und ein paar Fröschen über die Straße zu helfen. Vielleicht mit mehr Erfolg als damals.

© Thomas Neu

Lukas Heylmann: Eine Erinnerung an alte Wegbegleiter

Mit 29 Jahren gehöre ich ja erstens zu den jüngeren Redaktionsmitgliedern und zweitens somit zu denjenigen, die zumindest Arbeit ohne Internet nicht kennen – Freizeit hingegen sehr wohl. Denn zumindest in meiner Kindheit spielte das Internet keine nennenswerte Rolle und wenn ich tatsächlich mal eine Stunde Zugriff darauf hatte, um irgendwelche albernen „Harry Potter“–Spiele zu spielen, war das immer mit dem Verrücken einer großen Kommode, Modemgeräuschen und dem Umstand verbunden, dass derweil niemand telefonieren konnte.

Bis ich 14 Jahre alt war und das wohlverdiente (naja) Konfirmationsgeld in einen eigenen Computer investierte, teilte ich mir einen Rechner mit meiner Mutter. So weit, so undramatisch. Allerdings war das Gerät in meiner frühen Jugend bereits dermaßen in die Jahre gekommen und vermutlich datentechnisch nur mäßig gut behandelt, dass eine Erinnerung aus den finalen Monaten meiner Benutzung sich besonders eingebrannt hat. Der Computer war beim Hochfahren so langsam, dass man ihn einschalten und dann erst mal gemütlich Frühstück zubereiten konnte. Und nachdem man schließlich das Passwort eingegeben hatte, hatte man auch gleich noch Zeit, es zu essen.

Als dann der eigene Rechner permanent zur Verfügung stand, begann auch schon die Zeit der sozialen Netzwerke. Zu Beginn war das bei mir noch eine Monstrosität namens „SchülerVZ“, später kam dann auch Facebook dazu, das plötzlich einen beeindruckenden Teil der Freizeit fraß, der letztlich wohl vernünftiger in Lernen oder Vergleichbares investiert gewesen wäre.

Was ich rückblickend sagen muss: Eine Jugend mit Internet bedeutete für mich aber keinen Verzicht auf Zeit mit Freunden. Stattdessen hieß es eher, leichter mit Menschen in Kontakt bleiben zu können. Das deckt sich mit der Wahrnehmung und Situation von heute, auch wenn es sich nicht von der Hand weisen lässt, dass ein Verzicht auf die Vor- und Nachteile des Internets sich mittlerweile wie eine große Einschränkung anfühlt.

Redaktion

Volontariat Nicolai Lehnort ist seit Juli 2023 Volontär.

Redaktion Linda Saxena ist Print- und Online-Redakteurin in der Lokalredaktion der Schwetzinger Zeitung/Hockenheimer Tageszeitung und zuständig für Plankstadt und Eppelheim.

Redaktion Redakteurin mit Schwerpunkt Online, aber auch Print

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