Übrigens... ist es mit dem Schnitzel so eine Sache. Nicht nur kulinarisch. Auch sprachlich. Bekanntlich besteht ein Schweineschnitzel aus Schwein. Aber ein Jägerschnitzel deshalb noch lange nicht aus einem Jäger. Und im Wiener Schnitzel ist ein Wiener so wenig enthalten wie Fleisch in einer Fleischtomate. Bekanntlich darf fürs echte Wiener Schnitzel nur dünnes Kalbfleisch mit Panade in Fett knusprig gebraten werden. Allerdings gibt es einen saustarken Trick, um ein junges Rindvieh in ein Borstenvieh zu verwandeln. Eine solcherart tierische Mutation ermöglicht die Zusatzbezeichnung „Wiener Art“. Von wegen, irreführende Schweinerei – jedenfalls nicht im juristischen Sinne. Schon vor Jahren hat ein deutsches Verwaltungsgericht geurteilt: Schnitzel dürfen auch ohne irgendein Fitzel vom Kalb – weil komplett „säuisch“ – als „Schnitzel Wiener Art“ vermarket werden. Warum wir das alles erzählen? Weil der 9. September dem Wiener Schnitzel gewidmet ist. Allerdings dürfte es sich um ein Gerücht handeln, dass dieser kuriose Ehrentag von einem Schnitzel-Fan als ausgleichende Gerechtigkeit dafür initiiert wurde, weil es bei Schnitzeljagden nie Schnitzel gibt, weder vom Kalb noch vom Schwein. Bleibt noch nachzutragen: „Schni-Po-Sa“ (Schnitzel, Pommes, Salat) gehört in Kneipen wie Kantinen nach wie vor zu den beliebtesten Speisen. Obendrein haben es die krossen Klassiker, aus welchem Fleisch auch immer, in die Pfanne der Sprücheklopfer geschafft. Motto: „So manche Menschen sind wie Schnitzel – beidseitig bekloppt.“
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Glosse "Übrigens" Warum das Schnitzel Wiener Art seinen Namen behalten darf
Zu Ehren des Wiener-Schnitzel-Tags am 9. September geht Waltraud Kirsch-Mayer der Frage nach, warum es juristisch erlaubt ist, ein paniertes Schweineschnitzel "Wiener Art" zu nennen