Von der Frankfurter Buchmesse gibt es viele Anekdoten. Beispielsweise dass ein gewisser Bruce Robertson an einem Ausstellungsstand der Diagram-Group wenig zu tun hatte und aus lauter Langeweile einen Preis für den ungewöhnlichsten Buchtitel ausheckte. Wie auch immer, das Branchenmagazin „The Bookseller“ sollte 1979 die Organisation einer solchen (undotierten) Auszeichnung übernehmen. Und die gilt im englischsprachigen Sprachraum als superpopulär. Sachbuch-Schlagzeilen machten bislang von sich reden: „Leben mit verrückten Pobacken“ („Living with Crazy Buttlocks“) oder „Wie man eine Zahnarztpraxis nach der Art von Dschingis Khan leitet“ („Managing an Dental Practice the Genghis Khan Way).
Erstaunlicherweise ist noch niemand auf die Idee gekommen, kühne Titel deutscher Romane zu küren. „Am Samstag gehen die Mädchen in den Wald und jagen Sachen in die Luft“ – diese Geschichte von Fiona Sironic, die es 2025 auf die Buchpreis-Shortlist schaffte, wäre geradezu prädestiniert. Freilich gibt es Konkurrenz – die ebenfalls in diesem Jahr erschienene Liebesgeschichte von Anika Decker „Zwei vernünftige Erwachsene, die sich mal nackt gesehen haben“. Und 2015 hätte wohl der prämierte Roman von Frank Witzel zusätzlich im Titeln als preisverdächtig im gegolten: „Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969“. Darauf muss man kommen! Nicht zu vergessen der schreibende Schauspieler Joachim Meyerhoff, der auf kuriose Buchdeckel-Botschaften abonniert ist: Erst fliegen alle Toten hoch und dann „Ach, diese Lücke, die entsetzliche Lücke.“
Von wegen, um Aufmerksamkeit heischende Titel seien ein heutiges Phänomen. Nicht von ungefähr ließ sich einst Schiller überzeugen, sein drittes Drama, zunächst schlicht Luise Millerin genannt, reißerisch in „Kabale und Liebe“ umzubenennen.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/leben_artikel,-ansichtssache-originelle-buchtitel-_arid,2334358.html
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Zeitzeichen Originelle Buchtitel
Im englischsprachigen Raum ist ein Preis für ungewöhnliche Buchtitel populär. Waltraud Kirsch-Mayer findet, auch einige deutsche Titel hätten ihn verdient.