Alya will wissen, warum auf Belas Porsche am Ende des ohnehin schon kuriosen Kennzeichens MA JB 007 noch ein H steht. Bela rollt zuerst mit den Augen, dann Spaghetti al arrabiata auf die Gabel. Er schaut (noch gelassen) zu Alya rüber, die (noch gelassen) an einem Kefir nuckelt. Die Sonne scheint, alle sind (noch) gut gelaunt. Das Leben ist unkompliziert und hübsch.
Allerdings meint Bela jetzt, sein Porsche sei ein historisches Fahrzeug. „Ich dachte, Burgen seien historisch oder Schlösser – aber Autos!“, meint Alya jetzt abschätzig. Dafür jedenfalls stünde das H, meint Bela und fängt zu schwärmen an: „Die H-Nummer hat viele Vorteile“, meint er, „ich kann mit meinem guten alten 911er sogar in Umweltzonen fahren – auch ohne Umweltplakette.“ Alya beginnt, auf ihrem Stuhl herum zu rutschen. „Und das“, so fährt Bela stolz und unbeirrt fort, „obwohl das Gerät – bei meiner elegant-sportlichen Fahrweise, versteht sich – 17 Liter schluckt.“ Alya fragt, ob er eigentlich bescheuert sei, darauf auch noch stolz zu sein. Bela: „Warum nicht! Ich rase gemütlich in Innenstädte, wo Besitzer wesentlich neuerer und ökologischerer Kisten das Schild lesen: ’Ich muss draußen bleiben!’ Ist doch nicht meine Schuld, wenn Politikerinnen so schwach der Autolobby gegenüber sind!“
Weil ich Bela kenne und weiß, dass er so doof auch wieder nicht sein kann, ahne ich, dass er (ein Stück weit) nur den Advocatus Diaboli mimt, um ein bisschen dialektisches Dynamit in unsere Dreierrunde zu bringen. Deswegen gießt er fröhlich weiteres Öl ins Feuer: „Auch geil ist, dass ich nicht mal 200 Euro für die Kfz-Steuer bezahle. Weniger zahlen nur Radfahrer. Also ich kann den Besitz eines Oldtimers jedem empfehlen. Es hat nur Vorteile.“
„Für dich selbst vielleicht, du Schwachkopf!“, schimpft Alya, die Mühe hat, ihr Kefir-Glas ruhig auf den Tisch zu stellen. „Hast du denn weder Gerechtigkeitssinn noch Umweltbewusstsein?“
Es ist nicht so, dass Bela nun ganz ruhig bliebe. Man merkt an der zitternden Lippe, dass er innerlich – sagen wir – köchelt, weil er natürlich das Abseits spürt, in dem er sich gerade bewegt. Was keiner von uns so richtig bemerkt hatte, ist, dass Caro sich offenbar klammheimlich dem Tisch genähert und zugehört hatte. Das kann ja noch heiter werden, denke ich, als ich sie sehe, wie sie mit einem veganen Snack in der Hand tief Luft holt, um dies zu tun: überlaut und animalisch stöhnen.
„Was soll das denn jetzt?“, fragt Bela, „was ist los?“ Caro setzt sich nun neben Bela. Ganz nah, so dass man sieht, dass sie im Grunde genau so kräftig gebaut ist wie er. Bela, man sieht es ihm an, kriegt es ein wenig mit der Angst zu tun. „Eine saubere Umwelt ist ein Menschenrecht. Dalai Lama“, sagt Caro ganz leise und ruhig. Überraschend. Bela meint, dafür sei dann aber nicht er zuständig, sondern die Politik, sie müsse doch dafür sorgen, dass der Mensch, der von Natur aus böse und/oder blöd sei, sich richtig verhalte.
Ich glaube, Bela ist doch so doof und hat das Leben nicht wirklich verstanden. Vielleicht sind auch die Errungenschaften der Aufklärung an ihm vorübergegangen.
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